Triebe, Affekte und Leidenschaften
g) Zorn
Der Zorn. Wer sich dem Ärger überlässt, gerät auch leicht in Zorn. Dieser ist das fürchterlichste Gift für Seele und Körper, welches schon so auffallende Veränderungen im Körper hervorbringt, dass der Zornige sich nicht ähnlich sieht, wie dieses schon Seneca (de ira) vortrefflich geschildert hat.
Der Zorn wirkt heftig reizend und erschütternd aufs ganze Nervensystem und besonders auf die Leber und auf die Gallenabsonderung; er kann daher auf der Stelle blind, verrückt oder tot machen, oder er lähmt das Sprachorgan und die Glieder und lässt die Menschen in dem traurigsten Zustand zurück. Er verdirbt, wenn er auch nicht so heftig wirkt, doch alle Säfte des Körpers, das Blut, die Milch, den Speichel, und daher kann der Biss eines zornigen Menschen eben die Zufälle erregen, als der Biss vom tollen Hunde; ja, mancher gesunde Säugling ist durch das Trinken aus den Brüsten einer Mutter oder Amme, die sie ihm unmittelbar nach heftigem Ärger darreichte, schnell durch Krämpfe getötet worden.