Perseus

 

Auch nach dem Könige selbst der Cephenier Erster, Odites,

Lag durch Klymenus' Schwert; den Protenor tötete Hypseus;

Diesen des Lynkeus Sohn. Ein Emathion war in der Anzahl,

Hochbejahrt, Wahrnehmer des Rechts, und Verehrer der Gottheit,

Der, weil schon sein Alter am Kampf ihn hinderte, redend

Kämpft, und sie laut anfährt, und die frevelen Waffen verwünschet.

Wie er mit bebender Hand den Altar umfing, so entmäht' ihm

Chromis das Haupt mit dem Schwert; und es taumelte auf den Altar hin,

Wo die ersterbende Zunge mit schwachem Laut, wie Verwünschung,

Lallete, dann in die Mitte der Glut aushauchte den Atem.

 

Broteas drauf und Ammon, der Zwillingsbrüder, mit Riemen

Unbesiegt, wenn der Arme Geriem obsiegte den Schwertern,

Sanken durch Phineus' Hand in den Staub. Auch der Priester der Ceres,

Ampykos, weiß um die Schläfen mit heiliger Binde geschleiert.

Du auch, Japetos' Sohn, nicht solcherlei Diensten gewidmet;

Sondern ein friedliches Werk, die Gitarr' im Gesange zu rühren.

Dir befahl man zu feiern mit wonnigen Tönen den Festschmaus;

Doch wie ferne du standst, unkriegrisches Spiel in den Händen:

Geh! sprach Pettalus lachend, das übrige singe den Manen

Drunten am Styx; und er bohret den Dolch ihm links in die Schläfe.

Dieser sinkt, und im Fallen berührt sein sterbender Finger

Noch das besaitete Spiel, das sanft wie Klagegetön scholl.

 

Nicht unbestraft läßt jenen der ungestüme Lykormas;

Sondern rechts von der Pfoste den stämmigen Riegel sich brechend,

Schmettert er ihm die Gebeine gerad am Nacken. Doch jener

Taumelte nieder in Staub, nach Art des geschlachteten Stieres.

Pelates auch nun strebt, der Cinyphier, links von der Pfoste

Abzureißen den Baum: da durchbohrt mit der Spitze die Hand ihm

Korythos, Fürst des marmarischen Volks, daß am Holze sie haftet.

Abas stößt in die Seite des Haftenden; und er entsinkt nicht;

Sondern es hängt an der Pfoste des Sterbenden Rechte befestigt.

 

Siehe, auch Melaneus sinkt, des Perseus Sache verfechtend;

Dorylas auch, der reichste des Nasamonengebietes,

Dorylas, reich an Gebiet: kein anderer hatte Besitzung

Weiter umher, noch trug er soviel des Getreids in die Speicher.

Schräg her stand ihm geschnellt im unteren Bauche das Eisen,

Wo schnell tötet der Tod. Halcyoneus, der ihn verwundet,

Sah, der Baktrierfürst, wie er matt ausschluchzte den Atem,

Drehend den Blick: Nimm, sprach er, soviel du bedeckst von der Erde,

Nach so reichem Gebiet! und verließ den entbluteten Leichnam.

Rächend schwinget den Speer, den der warmen Wund' er entraffte,

Ihm der abantische Held; und mitten die Nas' ihm durchschlüpfend,

Fuhr sie zum Nacken hinaus, und ragt' an jeglicher Seite.

Und, wie das Glück ihn lenkt, auch Klytios streckt er, und Klanis,

Gleicher Gebärerin Frucht, an verschiedener Wunde verblutend:

Klytios' Hüften hindurch, aus gewaltigem Arme geschleudert,

Stürmte die Esch', und es klirrt' in Klanis' Munde der Wurfspieß.

Jetzt war Keladon hin, der Mendesier: jetzo auch Astreus,

Den vom bezweifelten Vater die Palästinerin aufzog.

Auch Äthion der Seher, vor dem scharfahnend die Zukunft,

Nun vom trügenden Vogel getäuscht; und Thoaktes, des Königs

Waffengenoß; und, berüchtigt als Vatermörder, Agyrtes.

 

Viel war getan, doch mehreres nach: denn all auf den einen

Stürmen sie, lechzend nach Mord; das Gewühl der Verschworenen kämpfet

Rings für jenen daher, der Verdienst anfeindet und Treue.

Ihm sind der redliche Schwäher umsonst, und die bräutliche Gattin,

Samt der Erzeugerin hold, und erfüllen den Saal mit Gejammer.

Aber das Waffengeräusch tönt vor, und der Fallenden Angstruf;

Und, da sie einmal entheiliget sind, umströmt die Penaten

Ganz Bellona mit Blut, und mischt die erneueten Kämpfe.

Rings um den einen ist Phineus gestellt, und die Scharen des Phineus,

Tausende! häufiger fliegt das Geschoß, wie der winternde Hagel,

Jegliche Seite vorbei, und die Augen vorbei, und die Ohren.

 

Jetzt an der Säule Gestein, der erhabenen, drängt er die Schulter;

So im Rücken geschirmt, und vorn auf die Scharen gerichtet,

Hält er den Ansturz auf. Nun stürzten heran von der Linken

Molpeus, Chaonias Bürger, und rechts Nabathäas Ethemon.

Wie vom Hunger gespornt die Tigerin, wann in dem Tale

Hier und dort sie gehört zwei brüllende Rinderherden

Zweifelt, wohin sie sich wende, nach der und jener verlangend:

So auch zweifelte Perseus, ob links, ob rechts er bestürme;

Endlich fernt er Molpeus zuerst mit verwundetem Schenkel,

Wohl vergnügt mit der Flucht: denn Zeit nicht gönnet Ethemon;

Sondern in rasender Gier, ihm oben den Hals zu verwunden,

Eiferig schwingend das Schwert mit unvorsichtigen Kräften,

Brach er es: dort an dem äußersten Rand des geschlagenen Pfeilers

Sprang auseinander die Kling', und fuhr in die Kehle dem Eigner.

Dennoch gab zum Tode noch nicht zureichenden Antrieb

Jener Schnitt: wie er zagt', und umsonst die entwaffneten Arme

Aufhub, streckt' ihn der Held, durchbohrt mit cyllenischem Säbel.

 

Aber da Perseus sah, die Tapferkeit weiche dem Schwarme:

Hilfe, wohlan! so rief er, dieweil ihr selber mich nötigt,

Werd' ich vom Feind mir suchen! Hinweg hebt alle das Antlitz,

Wer ein Gewogener ist! und das Haupt der Gorgo entblößt' er.

Andre gesucht, die das Wunder von dir angaffen! erwidert

Theskelos; und wie die Hand zu entsenden den tödlichen Wurfspieß

Trachtete, stockt' er in dieser Gebärd', ein marmornes Bildnis.

 

Ampyx, diesem zunächst, lief gegen des Akrisiaden

Mutbeseelete Brust mit dem Schwert an; aber im Anlauf

Starrete plötzlich die Hand, nicht rückwärts könnend noch vorwärts.

 

Nileus drauf, der den Sohn des siebenströmigen Nilus

Falsch sich immer genannt, der auch auf dem Schilde die sieben

Strömungen teils aus Silber und teils aus Golde gemeißelt:

Schaue doch, rief er, o Perseus, den Ursprung unseres Stammes!

Groß wird bleiben der Trost bei den schweigenden Schatten des Todes,

Solchem Manne gefallen zu sein! - Das Ende des Rufes

Ward ihm mitten im Tode gedämpft; fortreden zu wollen

Schien der geöffnete Mund; doch den Durchgang wehrt' er den Worten

 

Laut fuhr Eryx sie an: Durch Schuld des Mutes erstarrt ihr,

Sprach er, und nicht des gorgonischen Haars! Stürmt alle zum Einhaun!

Streckt zur Erde den Jüngling, der magische Waffen beweget!

Einhaun wollt' er im Sturm; doch es hielt der Boden den Fußtritt,

Unbewegt stand jener, ein Stein in gewappneter Bildung.

 

Alle sie trugen indes verschuldete Strafen. Doch einer

Kämpfte für Perseus mit; und indem noch kämpfet Akonteus,

Schaut er der Gorgo Gestalt, und erstarrt zu gediegenem Felsen.

Aber Astyages schwingt, für belebt ihn haltend, mit langem

Schwerte den Hieb, da ertönt von hellem Geklinge das Schwert ihm.

Während Astyages staunt, hat gleich Natur ihn umhüllet;

Und des Bewundernden Mien' ist noch im marmornen Antlitz.

 

Säumnis wär' es, die Namen Geringerer alle zu nennen:

Noch zwei Hunderte waren der Heerschar übrig zum Kampfe,

Und zwei Hunderte starrten vom Blick des gorgonischen Hauptes.

 

Endlich gereut der Krieg, der ungerechte, den Phineus.

Doch was zu tun? Rings schaut er die vielgestalteten Bilder;

Und er erkennt die Freund', und jeglichen rufend mit Namen,

Fordert er Schutz; noch glaubet er nicht, und die nächsten Gestalten

Rühret er: Marmor war's! Er wendet den Blick, und in Demut,

Seitwärts die Arme gestreckt, und die Schuld abbittende Hände:

 

Perseus, ruft er, du siegst! O hinweg das entsetzliche Scheusal!

Nimm das versteinernde Haupt, wer immer sie sei, der Medusa!

Nimm es, ich flehe, hinweg! Nicht Haß, noch Begierde der Herrschaft,

Führte ja uns in den Streit; für die Braut erhuben wir Waffen!

Besseren Anspruch gab das Verdienst dir, aber die Zeit uns!

Daß ich dir nicht einräumte, verdreußt! Nichts, tapferer Held, nichts,

Nur dies Leben vergönne du mir; sei das übrige deines!

 

Als dies jener gesagt, und auf ihn, den die Stimme nur anrief,

 

Niemals wagte zu schaun: Feigherziger, rief er, o Phineus,

Was ich vermag zu gewähren, ein großes Geschenk dem Verzagten,

Hemme die Furcht! das gewähr' ich: dich soll kein Eisen verletzen.

Ja, ein dauerndes Mal für die Ewigkeit stift' ich dir jetzo;

Und stets werde geschaut in den Wohnungen unseres Schwähers:

Daß sich tröste mein Weib an des früheren Bräutigams Bildnis.

 

Perseus sprach's; und das Haupt der Phorkynerin wendet er dorthin,

Wo mit banger Gebärd' hinfloh der erschrockene Phineus,

Da er den Blick noch jetzo herumzudrehen sich anstrengt,

Starret der Hals, und in Felsen erharscht die Feuchte der Augen.

Aber die ängstliche Miene der Demut blieb in dem Marmor,

Seine gerungenen Händ', und die tief abhängige Stellung.

 

Siegreich kehrt der abantische Held mit der Gattin zur Heimat,

Argos. Dort als Rächer des unverdienenden Vaters,

Naht er dem Prötus im Zorn. Denn mit Kriegsmacht scheuchte der Bruder

Prötus, und eignete sich des Akrisius türmende Berghöh'n.

Weder der Waffen Gewalt, noch die übel gewonnenen Berghöh'n,

Schützten ihn gegen das grasse Gesicht des umschlängelten Scheusals.

 

Doch hat dich, Polydektes, o Fürst der kleinen Seriphos,

Weder des Jünglinges Mut, den so viel Kämpfe bewähret,

Noch sein Leiden erweicht; unerbittlichen Haß ohn' Erbarmen

Übst du Grausamer noch, und nährst unbillige Feindschaft.

Selber den Ruhm verkleinert dein Mund; denn gefabelt, erklärst du,

Sei der Medusa Mord. Für die Wahrheit, redete Perseus,

Stellen wir Pfand! Hemmt alle den Blick! Und des Königes Antlitz

Ward vom Medusengesicht blutlos zum Granite verwandelt.

 


 © textlog.de 2004 • 07.11.2024 09:33:59 •
Seite zuletzt aktualisiert: 05.12.2006 
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