a. Die individuelle Selbständigkeit: Heroenzeit
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Aus dem Früheren her lassen sich sogleich folgende Punkte feststellen.
α) Das Ideal ist Einheit in sich, und nicht nur formelle äußerliche, sondern immanente Einheit des Inhalts an ihm selbst. Dies in sich einige substantielle Beruhen auf sich haben wir oben bereits als das Selbstgenügen, die Ruhe und Seligkeit des Ideals bezeichnet. Auf unserer jetzigen Stufe wollen wir diese Bestimmung als die Selbständigkeit herausheben und von dem allgemeinen Weltzustande fordern, daß er in Form der Selbständigkeit erscheinen solle, um die Gestalt des Ideals in sich aufnehmen zu können.
Selbständigkeit jedoch ist ein zweideutiger Ausdruck.
αα) Denn gewöhnlich heißt man das in sich selbst Substantielle schon dieser Substantialität und Ursächlichkeit wegen das schlechthin Selbständige und pflegt es das in sich Göttliche und Absolute zu nennen. In dieser Allgemeinheit und Substanz als solcher festgehalten, ist es dann aber nicht in sich selber subjektiv und findet deshalb sogleich an dem Besonderen der konkreten Individualität seinen festen Gegensatz. In diesem Gegensatz jedoch geht, wie beim Gegensatz überhaupt, die wahre Selbständigkeit verloren.
ββ) Umgekehrt ist man gewohnt, der wenn auch nur formell auf sich beruhenden Individualität in der Festigkeit ihres subjektiven Charakters Selbständigkeit zuzuschreiben. Jedes Subjekt aber, dem der wahrhafte Lebensgehalt insoweit abgeht, daß diese Mächte und Substanzen außer ihm für sich selbst dastehen und seinem inneren und äußeren Dasein ein fremder Inhalt bleiben, fällt ebensosehr in den Gegensatz gegen das wahrhaft Substantielle und verliert dadurch den Standpunkt inhaltsvoller Selbständigkeit und Freiheit.
Die wahre Selbständigkeit besteht allein in der Einheit und Durchdringung der Individualität und Allgemeinheit, indem ebensosehr das Allgemeine durch das Einzelne erst konkrete Realität gewinnt, als das einzelne und besondere Subjekt in dem Allgemeinen erst die unerschütterliche Basis und den echten Gehalt seiner Wirklichkeit findet.
γγ) Wir dürfen daher für den allgemeinen Weltzustand die Form der Selbständigkeit hier nur so betrachten, daß die substantielle Allgemeinheit in diesem Zustande, um selbständig zu sein, die Gestalt der Subjektivität an ihr selbst haben müsse. Die nächste Erscheinungsweise dieser Identität, welche uns beifallen kann, ist die des Denkens. Denn das Denken ist einerseits subjektiv, andererseits hat es als Produkt seiner wahren Tätigkeit das Allgemeine und ist beides, Allgemeinheit und Subjektivität, in freier Einheit. Doch das Allgemeine des Denkens gehört der Kunst in ihrer Schönheit nicht an, und außerdem ist beim Denken die sonstige besondere Individualität in ihrer Natürlichkeit und Gestalt wie in ihrem praktischen Handeln und Vollbringen mit der Allgemeinheit der Gedanken nicht in notwendigem Zusammenklange. Im Gegenteil tritt eine Differenz des Subjekts in seiner konkreten Wirklichkeit und des Subjekts als denkenden ein oder kann doch eintreten. Dieselbe Scheidung betrifft den Gehalt des Allgemeinen selbst. Wenn nämlich das Echte und Wahre sich in den denkenden Subjekten bereits von deren sonstiger Realität zu unterscheiden anfängt, so hat es sich auch schon in der objektiven Erscheinung als für sich Allgemeines von dem übrigen Dasein getrennt und gegen dasselbe Festigkeit und Macht des Bestehens erhalten. Im Ideal aber soll gerade die besondere Individualität mit dem Substantiellen in trennungslosem Zusammenklange bleiben, und insoweit dem Ideal Freiheit und Selbständigkeit der Subjektivität zukommt, insoweit darf die umgebende Welt der Zustände und Verhältnisse keine für sich bereits unabhängig vom Subjektiven und Individuellen wesentliche Objektivität haben. Das ideale Individuum muß in sich beschlossen, das Objektive muß noch das Seinige sein und sich nicht losgelöst von der Individualität der Subjekte für sich bewegen und vollbringen, weil sonst das Subjekt gegen die für sich schon fertige Welt als das bloß Untergeordnete zurücktritt. - In dieser Hinsicht also muß wohl das Allgemeine im Individuum als das Eigene und Eigenste desselben wirklich sein, aber nicht als das Eigene des Subjekts, insofern es Gedanken hat, sondern als das Eigene seines Charakters und Gemüts. Mit anderen Worten fordern wir daher für die Einheit des Allgemeinen und Individuellen, der Vermittlung und Unterscheidung des Denkens gegenüber, die Form der Unmittelbarkeit, und die Selbständigkeit, welche wir in Anspruch nehmen, erhält die Gestalt unmittelbarer Selbständigkeit. Damit ist aber sogleich die Zufälligkeit verbunden. Denn ist das Allgemeine und Durchgreifende des menschlichen Lebens in der Selbständigkeit der Individuen unmittelbar nur als deren subjektives Gefühl, Gemüt, Charakteranlage vorhanden und soll es keine andere Form der Existenz gewinnen, so wird es eben dadurch schon dem Zufall des Willens und Vollbringens anheimgestellt. Es bleibt sodann nur das Eigentümliche gerade dieser Individuen und ihrer Sinnesweise und hat als partikuläres Eigentum derselben für sich selbst keine Macht und Notwendigkeit, sich durchzusetzen, sondern erscheint, statt sich in allgemeiner, durch sich selber festgewordener Weise immer von neuem zu verwirklichen, rein als das Beschließen, Ausführen und ebenso willkürliche Unterlassen des nur auf sich beruhenden Subjekts, seiner Empfindung, Anlage, Kraft, Tüchtigkeit, List und Geschicklichkeit.
Diese Art der Zufälligkeit also macht hier das Charakteristische des Zustandes aus, welchen wir als den Boden und die gesamte Erscheinungsweise des Ideals forderten.
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