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I. [Kulturelle Steigerung der Personenzahl, von der man abhängt, unter gleichzeitigem Sinken der Bindungen an individuell bestimmte Personen]

 

Die so bedingte Personalität nun wird in den geldwirtschaftlichen Verhältnissen fast gänzlich aufgelöst. Der Lieferant, der Geldgeber, der Arbeiter, von denen man abhängig ist, wirken gar nicht als Persönlichkeiten, weil sie in das Verhältnis nur nach der je einen Seite eintreten, daß sie Waren liefern, Geld geben, Arbeit leisten, und anderweitige Bestimmtheiten ihrer gar nicht in Betracht kommen, deren Hinzutreten zu jenen doch allein ihnen die persönliche Färbung verleihen würde; womit natürlich nur der absolute Endpunkt der sich jetzt vollziehenden, aber an vielen Punkten noch unvollendeten Entwicklung bezeichnet wird - denn die Abhängigkeiten der Menschen voneinander sind tatsächlich heute noch nicht völlig objektiviert, die persönlichen Momente noch nicht vollkommen ausgeschlossen. Die allgemeine Tendenz aber geht zweifellos dahin, das Subjekt zwar von den Leistungen immer mehrer Menschen abhängig, von den dahinterstehenden Persönlichkeiten als solchen aber immer unabhängiger zu machen. Beide Erscheinungen hängen in der Wurzel zusammen, bilden die sich gegenseitig bedingenden Seiten eines und desselben Vorgangs: die moderne Arbeitsteilung läßt ebenso die Zahl der Abhängigkeiten wachsen, wie sie die Persönlichkeiten hinter ihren Funktionen zum Verschwinden bringt, weil sie eben nur eine Seite derselben wirken läßt, unter Zurücktreten aller anderen, deren Zusammen erst eine Persönlichkeit ergäbe. Die soziale Gestaltung, die sich bei restloser Ausführung dieser Tendenz einstellen müßte, würde eine entschiedene formale Beziehung zum Sozialismus, mindestens zu einem extremen Staatssozialismus aufweisen. Denn für diesen handelt es sich zu äußerst darum, jedes sozial zu berücksichtigende Tun in eine objektive Funktion zu verwandeln; wie heute schon der Beamte eine »Stellung« einnimmt, die objektiv präformiert ist und nur ganz bestimmte einzelne Seiten oder Energien der Persönlichkeit in sich aufnimmt, so würde sich in einem absolut durchgeführten Staatssozialismus über der Welt der Persönlichkeiten gleichsam eine Welt objektiver Formen des sozial wirksamen Tuns erheben, welche den Kräften jener nur ganz genau und sachlich bestimmte Äußerungen gestattet und vorschreibt; diese Welt verhielte sich zu der ersteren etwa wie die geometrische Figur zu den empirischen Körpern. Die subjektiven Tendenzen und das Ganze der Persönlichkeiten könnten sich dann nicht anders in äußeres Tun umsetzen, als in der Beschränkung auf eine der einseitigen Funktionsweisen, in welche die notwendige gesellschaftliche Gesamtaktion zerlegt, fixiert, objektiviert ist. Die Qualifizierung des Tuns der Persönlichkeit wäre damit von dieser als dem terminus a quo völlig auf die sachliche Zweckmäßigkeit, den terminus ad quem, übergegangen; und die Formen des menschlichen Tuns stünden dann über der vollen psychologischen Wirklichkeit des Menschen, wie das Reich der platonischen Ideen über der realen Welt. Ansätze zu einer solchen Gestaltung sind, wie gesagt, vielfach vorhanden, oft genug hat sich die arbeitsteilige Funktion als ein selbständiges ideelles Gebilde ihren Trägern gegenübergestellt, so daß diese, nicht mehr voneinander individuell unterschieden, nun gleichsam nur durch sie hindurch passieren, ohne in dieser fest umschriebenen Einzelforderung das Ganze ihrer Persönlichkeit unterbringen zu können oder zu dürfen; die Persönlichkeit ist vielmehr als bloßer Träger einer Funktion oder einer Stellung so gleichgültig, wie die des Gastes in einem Hotelzimmer. In einer nach dieser Richtung hin ganz vollendeten Gesellschaftsverfassung würde der Einzelne unendlich abhängig sein; die einseitige Bestimmtheit der ihm zugewiesenen Leistung würde ihn auf die Ergänzung durch den Komplex aller anderen anweisen, und die Befriedigung der Bedürfnisse würde nur sehr unvollkommen aus dem eigensten Können des Individuums, sondern würde aus einer ihm gleichsam gegenüberstehenden, rein sachlichen Gesichtspunkten folgenden Arbeitsorganisation hervorgehen. Wenn es je einen seiner Grundidee adäquaten Staatssozialismus geben könnte, so würde er diese Differenzierung der Lebensform ausprägen.

 


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