I. [Einstellung in das Problem der Maximisierung der Werte durch den Besitzwechsel]
« Zurück 1 |
2 |
3 |
4 |
5 Weiter »
In solchen Fällen von Ablösung der naturalen Leistungen durch Geldzahlungen pflegt der Vorteil auf beiden Seiten zu sein. Dies ist eine sehr merkwürdige und zur Einstellung in größere Zusammenhänge auffordernde Tatsache. Wenn man von der Vorstellung ausgeht, daß das zum Genuß verfügbare Güterquantum ein begrenztes ist; daß es den vorhandenen Ansprüchen nicht genügt; daß endlich »die Welt weggegeben ist«, das heißt, daß im allgemeinen jedes Gut seinen Besitzer hat - so folgt daraus, daß, was dem einen gegeben wird, dem anderen genommen werden muß. Zieht man hier nun alle die Fälle ab, in denen dies ersichtlich nicht gilt, so bleiben doch immer noch unzählig viele, in denen die Bedürfnisbefriedigung des einen nur auf Kosten des anderen erfolgen kann. Wollte man dies als das oder ein Charakteristikum oder Fundament unseres Wirtschaftens ansehen, so würde es sich in alle jene Weltanschauungen einordnen, die überhaupt das Quantum der der Menschheit beschiedenen Werte - der Sittlichkeit, des Glückes, der Erkenntnis - für ein seiner oder ihrer Natur nach unveränderliches halten, so daß nur die Formen und die Träger desselben wechseln können. Schopenhauer neigt sich der Annahme zu, daß jedem Menschen sein Maß von Leiden und Freuden von vornherein durch seine Wesensart bestimmt ist; es könne weder überfüllt werden noch leer bleiben, und alle äußeren Umstände, auf die wir unser Befinden zu schieben pflegen, stellten nur einen Unterschied in der Form, jenes unveränderliche Lust- und Leidquantum zu empfinden, dar. Erweitert man diese individualistische Vorstellung auf die menschliche Gesamtheit, so erscheint all unser Glücksstreben, die Entwicklung aller Verhältnisse, aller Kampf um Haben und Sein als ein bloßes Hin- und Herschieben von Werten, deren Gesamtsumme dadurch nicht verändert werden kann, so daß aller Wechsel in der Verteilung nur die fundamentale Erscheinung bedeutet, daß der eine jetzt besitzt, was der andere freiwillig oder nicht - weggegeben hat. Diese Erhaltung der Werte entspricht ersichtlich einer pessimistisch-quietistischen Weltansicht; denn je weniger man uns imstande glaubt, wirklich neue Werte hervorzubringen, um so wichtiger ist es, daß auch keiner wirklich verloren gehe. In paradoxer Konsequenz lehrt das die in Indien verbreitete Vorstellung, daß, wenn man einen heiligen Asketen zu Falle bringe, sein Verdienst auf den Versucher übergehe!
« Zurück 1 |
2 |
3 |
4 |
5 Weiter »