I. [Einstellung in das Problem der Maximisierung der Werte durch den Besitzwechsel]
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Aber auch direkt gegenteilige Erscheinungen sind zu beachten. Mit allen jenen Gemütsverhältnissen, deren Glück nicht nur in dem Gewinnen, sondern ebenso in dem eigenen Sichhingeben liegt, und wo jeder wechselseitig und gleichmäßig durch den anderen bereichert wird, erwächst ein Wert, dessen Genuß nicht durch die Entbehrung einer Gegenpartei erkauft wird. Ebensowenig bedeutet die Mitteilung intellektueller Güter, daß dem einen genommen werden muß, was der andere genießen soll; wenigstens kann nur eine an das Pathologische streifende Empfindungssubtilität sich wirklich beraubt fühlen, wenn irgendein objektiver geistiger Inhalt nicht mehr subjektiv- ausschließliches Eigentum ist, sondern von anderen nachgedacht wird. Im ganzen kann man vom geistigen Besitz, wenigstens soweit er sich nicht in ökonomischen fortsetzt, sagen, daß er nicht auf Kosten eines anderen gewonnen wird, weil er nicht aus einem Vorrat genommen ist, sondern selbst bei aller Gegebenheit seines Inhaltes doch schließlich aus dem eigenen Bewußtsein des Erwerbers erzeugt werden muß. Diese Versöhnung der Interessen, die hier aus der Natur des Objektes hervorgeht, gilt es nun offenbar auch auf denjenigen ökonomischen Gebieten herzustellen, wo die Konkurrenz um die Befriedigung des einzelnen Bedürfnisses jeden nur auf Kosten eines anderen bereichert. Es gibt zwei Typen von Mitteln, um diesen Zustand in jenen vollkommneren überzuführen: das nächstliegende ist die Ablenkung des Kampfes gegen den Mitmenschen in den Kampf gegen die Natur. In dem Maße, in dem man weitere Substanzen und Kräfte aus dem noch unokkupierten Vorrat der Natur in die menschlichen Nutznießungen hineinzieht, werden die bereits okkupierten von der Konkurrenz um sie entlastet. Die Sätze von der Erhaltung des Stoffes und der Energie gelten glücklicherweise nur für das absolute Ganze der Natur, nicht aber für denjenigen Ausschnitt derselben, den das menschliche Zweckhandeln für sich designiert; dies relative Ganze ist allerdings ins unbestimmte vermehrbar, indem wir immer mehr Stoffe und Kräfte in die für uns zweckmäßige Form bringen, gleichsam annektieren können. Selbst aus demjenigen, was seinem Umfange nach bereits okkupiert ist, lehrt uns fortschreitende Technik immer weitere Nutzungen gewinnen: der Übergang von der extensiven zur intensiven Wirtschaft vollzieht sich keineswegs nur auf dem Gebiete der Bodenkultur, sondern an jeder Substanz, die in immer feinere Teile zu immer spezielleren Nutzungen zerlegt, oder deren latente Kräfte immer vollständiger entbunden werden. Die so nach verschiedenen Dimensionen gehende Ausdehnung des menschlichen Machtgebietes, die es zur Unwahrheit macht, daß die Welt weggegeben ist, und die die Bedürfnisbefriedigung nicht erst an einen, Raub irgend welcher Art knüpft - könnte man den substanziellen Fortschritt der Kultur nennen. Neben diesem steht nun, zweitens, was man als den funktionellen Fortschritt bezeichnen dürfte. Bei diesem handelt es sich darum, für den Besitzwechsel bestimmter gegebener Objekte die Formen zu finden, welche denselben für beide Parteien vorteilhaft machen: zu einer solchen Form kann es ursprünglich nur dann gekommen sein, wenn der erste Besitzer die physische Macht besaß, den von anderen begehrten Gegenstand festzuhalten, bis ihm ein entsprechender Gegenvorteil geboten wurde; denn anderenfalls würde ihm der Gegenstand einfach weggenommen werden. Der Raub, vielleicht das Geschenk erscheint als die primitivste Stufe des Besitzwechsels, auf der also der Vorteil noch ganz auf der einen, die Last ganz auf der anderen Seite ruht. Wenn sich über dieser nun die Stufe des Tausches als Form des Besitzwechsels erhebt, zunächst, wie gesagt, als bloße Folge der gleichen Macht der Parteien, so ist dies einer der ungeheuersten Fortschritte, die die Menschheit überhaupt machen konnte. Angesichts der bloßen Gradunterschiede, die nach so vielen Seiten hin zwischen den Menschen und den niederen Tieren bestehen, hat man bekanntlich oft versucht, die spezifische Differenz festzustellen, die den Menschen unverkennbar und eindeutig von der übrigen Tierreihe abscheidet: als das politische Tier, das werkzeugmachende Tier, das zwecksetzende Tier, das hierarchische Tier, ja - seitens eines ernsthaften Philosophen - als das vom Größenwahn befallene Tier hat man ihn definiert. Vielleicht kann man dieser Reihe hinzufügen, der Mensch sei das tauschende Tier; und das ist freilich nur eine Seite oder Form der ganz allgemeinen Charakteristik, in der das Spezifische des Menschen zu bestehen scheint: der Mensch ist das objektive Tier. Nirgends in der Tierwelt finden wir auch nur Ansätze zu demjenigen, was man Objektivität nennt, der Betrachtung und Behandlung der Dinge, die sich jenseits des subjektiven Fühlens und Wollens stellt.
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