II. [Freiheit als Ausprägung des Ich an den Dingen, als Besitz]
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Wenn also Freiheit den Sinn hat. Sein und Haben voneinander unabhängig zu machen, und wenn der Geldbesitz die Bestimmtheit des einen durch das andere am entschiedensten lockert und durchbricht - so steht dem ein anderer und positiverer Begriff der Freiheit gegenüber, der das Sein und das Haben auf einer anderen Stufe wiederum enger verbindet, darum aber nicht weniger am Geld seine energischste Verwirklichung findet. Ich knüpfe an die obige Bestimmung an, daß der Besitz nicht, wie es oberflächlich scheint, ein passives Aufnehmen von Objekten ist, sondern ein Tun an und mit ihnen. Nichts anderes kann der Besitz, auch der umfassendste und unbeschränkteste, mit den Dingen tun, als den Willen des Ich an ihnen ausprägen: denn das eben heißt eine Sache besitzen, daß sie meinem Willen keinen Widerstand entgegensetzt, daß er sich ihr gegenüber durchsetzen kann: und wenn ich von einem Menschen sage, daß ich ihn »besitze«, so bedeutet dies, daß er meinem Willen nachgibt, daß natürliche Harmonie oder suggestive Vergewaltigung mein Sein und Wollen sich gleichsam an ihm fortsetzen lassen. Wie mein Körper deshalb mein ist und in höherem Maße »mein« als jedes andere Objekt, weil er unmittelbarer und vollständiger als jedes andere meinen psychischen Impulsen gehorcht, und diese sich relativ vollständig in ihm ausdrücken: so ist jedes Ding in demselben Maße mein, in dem dies von ihm gilt. Daß man mit einer Sache »machen kann, was man will«, das ist nicht erst eine Folge des Besitzens, sondern das eben heißt es, sie zu besitzen. So wird das Ich von seinem gesamten »Besitz« wie von einem Bereich umgeben, in dem seine Tendenzen und Charakterzüge sichtbare Wirklichkeit gewinnen, er bildet eine Erweiterung des Ich, das nur das Zentrum ist, von dem aus Fulgurationen in die Dinge hineingehen; und die Dinge sind eben mein, wenn sie sich dem Recht und der Kraft meines Ich ergeben, sie nach seinem Willen zu gestalten. Diese enge Beziehung zum Ich, die den Besitz gleichsam als dessen Sphäre und Ausdruck erscheinen läßt, knüpft sich keineswegs nur an ihn, soweit er dauert und behalten wird. Es stimmt vielmehr mit unserer Vorstellung vom Besitz als einer Summe von Aktionen durchaus überein, daß gerade das Fortgeben von Werten, sei es im Tausch, sei es als Geschenk, eine gewisse Steigerung des Persönlichkeitsgefühls mit sich führen kann - den Reiz, der mit der Selbstentäußerung, Selbstopferung verbunden ist und der auf dem Umwege über eine Verminderung eine Erhöhung des Selbst bedeutet. Oft empfindet man erst im Fortgeben den Besitz, ganz wie man ein Körperelement am energischsten im Moment der Exstirpation fühlt. Der Reiz des Habens spitzt sich im Augenblick des Fortgebens so stark zu - schmerzlich oder genießend - wie es ohne diesen Preis nie stattfindet. Dieser Augenblick ist - genau wie der des Gewinnens - ein eminent »fruchtbarer Moment«, das Können der Persönlichkeit, das der Besitz darstellt, erscheint in dieser äußersten Verfügung über ihn am fühlbarsten aufgegipfelt - wie es mit einer gewissen Modifikation auch in der Wollust des Zerstörens geschieht. Wenn deshalb von den arabischen Beduinen berichtet wird, daß bei ihnen Betteln, Schenken und Plündern Wechselbegriffe und notwendig zusammenhängende Handlungen sind, so beweist dies, insbesondere in Anbetracht des stark individualistischen Charakters jener Stämme, wie alle diese verschiedenen Aktionen mit dem Besitz doch nur, mit verschiedenen Vorzeichen und nach verschiedenen Richtungen hin, einen und denselben Sinn und Grundwert aller Besitzobjekte aussprechen: daß die Persönlichkeit sich in ihnen auslebt, ausprägt, ausbreitet. So ist das Entscheidende für das Verständnis des Besitzes, daß die scharfe Grenzsetzung zwischen ihm und dem Ich, zwischen dem Inneren und dem Äußeren als eine ganz oberflächliche erkannt und für eine tiefere Betrachtung verflüssigt werde. Einerseits liegt die ganze Bedeutung des Besitzes darin, gewisse Gefühle und Impulse in der Seele auszulösen, andrerseits erstreckt sich die Sphäre des Ich über diese äußerem Objekte und in sie hinein, wie sich in der Bewegung des Violinbogens oder des Pinsels doch der Vorgang in der Seele des Geigers oder des Malers kontinuierlich fortsetzt. Wie jedes äußere Objekt als Besitz sinnlos wäre, wenn es nicht zu einem psychischen Wert würde, so würde das Ich gleichsam ausdehnungslos in einen Punkt zusammenfallen, wenn es nicht äußere Objekte um sich herum hätte, die seine Tendenzen, Kraft und individuelle Art an sich aus prägen lassen, weil sie ihm gehorchen, d.h. gehören. Es ist mir auch deshalb wahrscheinlich, daß die Entwicklung des Privateigentums nicht gerade die Arbeitsprodukte als solche am ehesten und intensivsten ergriffen habe, sondern die Arbeitswerkzeuge, einschließlich der Waffen. Denn gerade die Werkzeuge funktionieren am unmittelbarsten als Verlängerungen der Körperglieder, erst an ihrem Endpunkt pflegt der Widerstand der Dinge gegen unsere Impulse empfunden zu werden; so ist das Aktivitätsmoment an ihrem Besitze größer als an anderweitigem und sie werden deshalb nächst dem Körper am gründlichsten in das Ich einbezogen. Diese Deutung des Besitzes erst zeigt auf den Weg, auf dem die Weltanschauung des Idealismus und der Freiheit ihre Ergänzung durch ihr Gegenbild findet: die Dinge müssen in das Ich, aber auch das Ich in die Dinge eingehen.
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