III. [Die Trennung der Gesamtpersönlichkeit von ihren einzelnen Leistungen und deren Folgen für die Leistungsäquivalente]
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Wenn die Entwicklung des Arbeitsverhältnisses in dieser durch das Geld ermöglichten Linie fortschreitet, so erreicht sie vielleicht die Aufhebung gewisser Übel, die man gerade der modernen Geldwirtschaft zum besonderen Vorwurf gemacht hat. Das Motiv des Anarchismus liegt in der Perhorreszierung der Überund Unterordnung zwischen den Menschen, und wenn innerhalb des Sozialismus dieses sozusagen formale Motiv durch mehr materiale ersetzt wird, so gehört es doch auch zu seinen Grundtendenzen, die Unterschiede der menschlichen Lagen zu beseitigen, durch welche der eine ohne weiteres befehlen kann, der andere ohne weiteres gehorchen muß. So sehr für die Denkweisen, denen das Maß der Freiheit zugleich das Maß alles sozial Notwendigen ist, die Beseitigung von Über- und Unterordnung eine durch sich selbst begründete Forderung ist, so wäre doch die auf Über- und Unterordnung ruhende Gesellschaftsordnung an und für sich nicht schlechter als eine Verfassung völliger Gleichheit, wenn nicht mit jener Gefühle von Unterdrückung, Leid, Entwürdigung verbunden wären. Würden jene Theorien psychologische Klarheit über sich selbst besitzen, so müßten sie einsehen, daß die Gleichstellung der Individuen ihnen gar nicht das absolute Ideal, gar nicht der kategorische Imperativ ist, sondern das bloße Mittel, um gewisse Leidgefühle zu beseitigen, gewisse Befriedigungsgefühle zu erzeugen; wobei nur von jenen abstrakten Idealisten abgesehen wird, für die die Gleichheit ein formal- absoluter und selbst um den Preis aller möglichen inhaltlichen Nachteile, ja, des Pereat mundus, erforderter Wert ist. Wo aber eine Forderung ihre Bedeutung nicht in sich, sondern von ihren Folgen zu Lehen trägt, da ist es prinzipiell stets möglich, sie durch eine andere zu ersetzen: denn die gleiche Folge kann durch sehr verschiedene Ursachen hervorgerufen werden. Diese Möglichkeit ist im vorliegenden, Falle deshalb sehr wichtig, weil alle bisherige Erfahrung gezeigt hat, welches ganz unentbehrliche Organisationsmittel die Über- und Unterordnung ist, und daß mit ihr eine der fruchtbarsten Formen der gesellschaftlichen Produktion verschwände. Die Aufgabe ist also, die Über- und Unterordnung, soweit sie diese Folgen hat, beizubehalten und zugleich jene psychologischen Folgen, um derentwillen sie perhorresziert wird, zu beseitigen. Diesem Ziele nähert man sich offenbar in dem Maße, in welchem alle Über- und Unterordnung eine bloß technische Organisationsform wird, deren rein objektiver Charakter gar keine subjektiven Empfindungen mehr hervorruft. Es kommt darauf an, die Sache und die Person so zu scheiden, daß die Erfordernisse der ersteren, welche Stelle im gesellschaftlichen Produktions- oder Zirkulationsprozesse sie auch der letzteren anweisen, die Individualität, die Freiheit, das Innerste Lebensgefühl derselben ganz unberührt lassen. Eine Seite dieser Verfassung ist innerhalb eines Standes schon verwirklicht - im Offiziersstand. Die blinde Subordination unter den Vorgesetzten wird hier nicht als Entwürdigung empfunden, weil sie nichts als das technisch unumgängliche Erfordernis für die militärischen Zwecke ist, denen auch jeder Vorgesetzte selbst in nicht weniger strenger, aber auch nicht weniger objektiver Weise unterworfen ist. Die persönliche Ehre und Würde steht ganz jenseits dieser Über- und Unterordnung, diese haftet sozusagen nur der Uniform an und ist nur eine Bedingung der Sache, von der kein Reflex auf die Person fällt. In anderer Wendung tritt diese Differenzierungserscheinung bei rein geistigen Beschäftigungen auf. Zu allen Zeiten hat es Persönlichkeiten gegeben, die sich bei völliger Untergeordnetheit und Abhängigkeit der äußeren Lebensstellung absolute geistige Freiheit und individuelle Produktivität gewahrt haben, insbesondere allerdings in Zeiten, wo sehr festgewordene soziale Ordnungen durch einströmende Bildungsinteressen gekreuzt werden und jene bestehen bleiben, während diese ganz neue innere Rangierungen und Kategorien schaffen - wie etwa in der Epoche des Humanismus und in der letzten Zeit des ancien régime. Es ließe sich nun denken, daß, was in diesen Fällen ganz einseitig ausgebildet ist, zur sozialen Organisationsform überhaupt würde. Über- und Unterordnung in allen möglichen Gestalten ist jetzt die technische Bedingung für die Gesellschaft, ihre Zwecke zu erreichen; allein sie wirft einen Reflex auch auf die innerliche Bedeutung des Menschen, auf die Freiheit seiner Ausbildung, auf sein rein menschliches Verhältnis zu anderen Individuen. Indem diese Verquickung gelöst, alles Oben- und Untenstehen, alles Befehlen und Gehorchen eine bloß äußerliche Verfassungstechnik würde, welche auf die individuelle Stellung und Entwicklung in allem übrigen weder Licht noch Schatten werfen kann, würden alle jene Leidgefühle schwinden, um derentwillen man heute, wo das Äußerliche und bloß Zweckmäßige der sozialen Hierarchie doch noch mit dem Persönlich-Subjektiven des Individuums allzueng assoziert ist, nach einer Beseitigung jener Hierarchie überhaupt rufen kann. Man würde durch diese Objektivierung des Leistens und seiner organisatorischen Bedingungen alle technischen Vorteile der letzteren behalten und ihre Benachteiligungen der Subjektivität und Freiheit vermeiden, auf die sich heute der Anarchismus und teilweise der Sozialismus gründet. Das aber ist die Richtung der Kultur, die, wie wir oben sahen, die Geldwirtschaft anbahnt. Die Trennung des Arbeiters von seinem Arbeitsmittel, die als Besitzfrage für den Knotenpunkt des sozialen Elends gilt, würde sich in einem anderen Sinne gerade als eine Erlösung zeigen: wenn sie die personale Differenzierung des Arbeiters als Menschen von den rein sachlichen Bedingungen bedeutete, in die die Technik der Produktion ihn stellt. So würde das Geld eine jener nicht seltenen Entwicklungen vollziehen, in denen die Bedeutung eines Elementes direkt in ihr Gegenteil umschlägt, sobald sie aus ihrer ursprünglichen beschränkten Wirksamkeit sich zu einer durchgehenden, konsequenten, überall hindringenden entfaltet hat. Indem das Geld gleichsam einen Keil zwischen die Person und die Sache treibt, zerreißt es zunächst wohltätige und stützende Verbindungen, leitet aber doch jene Verselbständigung beider gegeneinander ein, in der jedes von beiden seine volle, befriedigende, von dem ändern ungestörte Entwicklung finden kann.
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