Menschliches Leben
Leben, menschliches (Wert des Lebens). Nächst der Unzufriedenheit mit der Vorsehung wegen der Übel des Daseins, vor allem der durch den Krieg verursachten, trifft die zweite Unzufriedenheit der Menschen „die Ordnung der Natur in Ansehung der Kürze des Lebens. Man muß sich zwar nur schlecht auf die Schätzung des Wertes desselben verstehen, wenn man noch wünschen kann, daß es länger währen solle, als es wirklich dauert; denn das wäre doch nur eine Verlängerung eines mit lauter Mühseligkeiten beständig ringenden Spiels.“ Der Wert des Lebens besteht nicht im Genüsse, sondern die Vernunft erinnert, „dem Leben durch Handlungen einen Wert zu geben“, Anf. d. Menschengesch. Schluß-Anmerk. (VI 62 f.). „Was das Leben für uns für einen Wert habe, wenn dieser bloß nach dem geschätzt wird, was man genießt (dem natürlichen Zweck der Summe aller Neigungen, der Glückseligkeit), ist leicht zu entscheiden. Er sinkt unter Null; denn wer wollte wohl das Leben unter denselben Bedingungen, oder auch nach einem neuen, selbstentworfenen (doch dem Naturlaufe gemäßen) Plane, der aber auch bloß auf Genuß gestellt wäre, aufs neue antreten?“ Auch der Wert des Lebens in bezug auf das, was man tut, ist nur ein sehr bedingter. „Es bleibt also wohl nichts übrig als der Wert, den wir unserem Leben selbst geben durch das, was wir nicht allein tun, sondern auch so unabhängig von der Natur zweckmäßig tun, daß selbst die Existenz der Natur nur unter dieser Bedingung Zweck sein kann“, KU § 83 Anm. (II 303). Es ist zu betonen, daß der Wert des Lebens, „sofern es in dem besteht, was wir Gutes genießen können, von Menschen überhaupt viel zu hoch angeschlagen wird, sofern es aber nach dem geschätzt wird, was wir Gutes tun können, der höchsten Achtung und Sorgfalt es zu erhalten und fröhlich zu guten Zwecken zu gebrauchen würdig ist“, An Maria von Herbert, Frühjahr 1792. Der „wahre Wert des Lebens“ besteht in dem „Bewußtsein seiner Pflichtbeobachtung“, An Reinhold, 8. Mai 1793. Ein Besänftigungsmittel aller Schmerzen ist der Gedanke, „daß das Leben überhaupt, was den Genuß desselben betrifft, der von Glücksumständen abhängt, gar keinen eigenen Wert und nur. was den Gebrauch desselben anlangt, zu welchen Zwecken es gerichtet ist, einen Wert habe, den nicht das Glück, sondern allein die Weisheit dem Menschen verschaffen kann; der also in seiner Gewalt ist. Wer ängstlich wegen des Verlustes desselben bekümmert ist, wird des Lebens nie froh werden“, Anthr. 1. T. § 66 (IV 166). Vgl. Glückseligkeit.