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Formale Logik

Logik, formale, ist die Wissenschaft von den Gesetzen des Denkens überhaupt. Sie ist nicht Psychologie. „Von dieser Wissenschaft sind eigentlich zwei Gattungen.“ Die erste ist „eine Kritik und Vorschrift des gesunden Verstandes, sowie derselbe einerseits an die groben Begriffe und die Unwissenheit, andererseits aber an die Wissenschaft und Gelehrsamkeit angrenzt. Die Logik von dieser Art ist es, welche man im Anfange der akademischen Unterweisung aller Philosophie voranschicken soll.“ Die zweite Gattung von Logik ist „die Kritik und Vorschrift der eigentlichen Gelehrsamkeit und kann niemals anders als nach den Wissenschaften, deren Organon sie sein soll, abgehandelt werden“ (also als eine Methodenlehre), Nachricht v. d. Einrichtung seiner Vorles. 1765 bis 1766 (V 1, 156 f.).

Daß die Logik den sicheren Gang einer festen Wissenschaft schon von den ältesten Zeiten her gegangen ist, läßt sich daraus ersehen, „daß sie seit dem Aristoteles keinen Schritt rückwärts hat tun dürfen, wenn man ihr nicht etwa die Wegschaffung einiger Subtilitäten, oder deutlichere Bestimmung des Vorgetragenen als Verbesserungen anrechnen will, welches aber mehr zur Eleganz, als zur Sicherheit der Wissenschaft gehört“. „Merkwürdig ist noch an ihr, daß sie auch bis jetzt keinen Schritt vorwärts hat tun können, und also allem Ansehen nach geschlossen und vollendet zu sein scheint.“ Die Einschiebung psychologischer, metaphysischer und anthropologischer Kapitel ist nur eine „Verunstaltung“ der Logik, deren Grenzen dadurch genau bestimmt ist, daß sie „eine Wissenschaft ist, welche nichts als die formalen Regeln alles Denkens (es mag a priori oder empirisch sein, einen Ursprung oder Objekt haben, welches es wolle, in unserem Gemüte zufällige oder natürliche Hindernisse antreffen) ausführlich darlegt und strenge beweist“. „Daß es der Logik so gut gelungen ist, diesen Vorteil hat sie bloß ihrer Eingeschränktheit zu verdanken, dadurch sie berechtigt, ja verbunden ist, von allen Objekten der Erkenntnis und ihrem Unterschiede zu abstrahieren, und in ihr also der Verstand es mit nichts weiter, als sich selbst und seiner Form, zu tun hat.“ Sie macht als „Propädeutik“ gleichsam nur den „Vorhof“ der Wissenschaften aus; man setzt die Logik „zur Beurteilung“ von Kenntnissen voraus, muß aber die Erwerbung dieser selbst in „eigentlich und objektiv so genannten Wissenschaften“ suchen, KrV Vorr. z. 2. A. (I 22 f.—Rc 16 f.). Die Logik beschäftigt sich nur mit der „Form des Denkens überhaupt“, ibid. (I 32—Rc 27). Die Logik ist die „Wissenschaft der Verstandesregeln überhaupt“. Sie ist, je nach dem Zweck, „Logik des allgemeinen oder des besonderen Verstandesgebrauchs“. „Die erste enthält die schlechthin notwendigen Regeln des Denkens, ohne welche gar kein Gebrauch des Verstandes stattfindet, und geht also auf diesen, unangesehen der Verschiedenheit der Gegenstände, auf welche er gerichtet sein mag. Die Logik des besonderen Verstandesgebrauchs enthält die Regeln, über eine gewisse Art von Gegenständen richtig zu denken. Jene kann man die Elementarlogik nennen, diese aber das Organon dieser oder jener Wissenschaft.“ — Die „allgemeine“ Logik ist entweder „reine“ oder „angewandte“ Logik. „In der ersteren abstrahieren wir von allen empirischen Bedingungen, unter denen unser Verstand ausgeübt wird, z. B. vom Einfluß der Sinne, vom Spiele der Einbildung, den Gesetzen des Gedächtnisses, der Macht der Gewohnheit, der Neigung etc., mithin auch den Quellen der Vorurteile, ja gar überhaupt von allen Ursachen, daraus uns gewisse Erkenntnisse entspringen, oder untergeschoben werden mögen, weil sie bloß den Verstand unter gewissen Umständen seiner Anwendung betreffen und, um diese zu kennen, Erfahrung erfordert wird.“ „Eine allgemeine, aber reine Logik hat es also mit lauter Prinzipien a priori zu tun, und ist ein Kanon des Verstandes und der Vernunft, aber nur in Ansehung des Formalen ihres Gebrauchs, der Inhalt mag sein, welcher er wolle (empirisch oder transzendental).“ „Eine allgemeine Logik heißt aber alsdann angewandt, wenn sie auf die Regeln des Gebrauchs des Verstandes unter den subjektiven empirischen Bedingungen, die uns die Psychologie lehrt, gerichtet ist. Sie hat also empirische Prinzipien, ob sie zwar insofern allgemein ist, daß sie auf den Verstandesgebrauch ohne Unterschied der Gegenstände geht. Um deswillen ist sie auch weder ein Kanon des Verstandes überhaupt, noch ein Organon besonderer Wissenschaften, sondern lediglich ein Kathartikon des gemeinen Verstandes.“ Die reine Logik ist „reine Vernunftlehre“ und ist eigentlich allein nur Wissenschaft. Sie abstrahiert von allem Inhalt der Verstandeserkenntnis, hat es nur mit der „bloßen Form des Denkens“ zu tun; sie hat keine empirischen Prinzipien, schöpft also nichts aus der Psychologie. „Sie ist eine demonstrierte Doktrin, und alles muß in ihr völlig a priori gewiß sein.“ Sie verhält sich zur angewandten Logik wie die „reine Moral“ zur „Tugendlehre“, ibid. tr. Log. Einl. I (I 107 ff.—Rc 126 ff.). Die allgemeine Logik abstrahiert „von allem Inhalt der Erkenntnis, d. i. von aller Beziehung derselben auf das Objekt“, und betrachtet nur „die logische Form im Verhältnisse der Erkenntnisse aufeinander, d. i. die Form des Denkens überhaupt“, ibid. II (I 110—Rc 129 f.). Die allgemeine Logik, welche „die allgemeinen und notwendigen Regeln des Verstandes“ vorträgt, legt in diesen Regeln Kriterien der Wahrheit (s. d.) dar. Sie zerfällt in die „Analytik“ (s. d.) und „Dialektik“ (s. d.). Die erstere löst das „ganze formale Geschäft des Verstandes und der Vernunft in seine Elemente auf und stellt sie als Prinzipien aller logischen Beurteilung unserer Erkenntnis dar“. Die Analytik ist so der „wenigstens negative Probierstein der Wahrheit“ Schreibt man der Logik die Fähigkeit zu, aus sich heraus über die materiale (objektive) Wahrheit von Erkenntnissen zu entscheiden oder gar solche aufzustellen, macht man also aus dem bloßen „Kanon“ zur Beurteilung der formalen Richtigkeit von Urteilen ein vermeintliches „Organon“, so ist sie „Dialektik“, eine „Logik des Scheins“. Die Dialektik soll aber statt dessen eine „Kritik des dialektischen Scheins sein“, ibid. III (I 113 ff.—Rc 132 ff.).

Die Logik ist die „Wissenschaft von den notwendigen Gesetzen des Verstandes und der Vernunft überhaupt, oder, welches einerlei ist, von der bloßen Form des Denkens überhaupt“. Sie geht „auf alles Denken überhaupt“, „unangesehen der Objekte, als der Materie des Denkens“, ist formal, apriorisch, normativ, nicht psychologisch. Sie ist die „Grundlage zu allen anderen Wissenschaften“ und die „Propädeutik alles Verstandesgebrauches“. Da sie „von allen Objekten gänzlich abstrahiert“, kann sie kein „Organon“ der Wissenschaften sein, d. h. keine „Anweisung, wie eine gewisse Erkenntnis zustande gebracht werden solle“. Die Logik ist nur eine „allgemeine Vernunftkunst“, ein „Kanon“, „Erkenntnisse überhaupt der Form des Verstandes gemäß zu machen“. Sie dient „nicht zur Erweiterung, sondern bloß zur Beurteilung und Berichtigung unserer Erkenntnis“. Als ein Kanon des Verstandes und der Vernunft, als „eine Wissenschaft der notwendigen Gesetze des Denkens, ohne welche gar kein Gebrauch des Verstandes und der Vernunft stattfindet, die folglich die Bedingungen sind, unter denen der Verstand einzig mit sich zusammenstimmen kann und soll“, darf sie „keine Prinzipien weder aus irgendeiner Wissenschaft, noch aus irgendeiner Erfahrung borgen; sie muß lauter Gesetze a priori, welche notwendig sind und auf den Verstand überhaupt gehen, enthalten“. Psychologische Prinzipien in die Logik zu bringen, „ist ebenso ungereimt, als Moral vom Leben herzunehmen“. „Wir wollen in der Logik nicht wissen: wie der Verstand ist und denkt und wie er bisher im Denken verfahren ist, sondern: wie er im Denken verfahren sollte. Sie, soll uns den richtigen, d. h. den mit sich selbst tibereinstimmenden Gebrauch des Verstandes lehren.“ Die Logik ist eine „Selbsterkenntnis des Verstandes und der Vernunft ... lediglich der Form nach“. Sie ist eine „Doktrin oder demonstrierte Theorie“. „Denn da sie sich nicht mit dem gemeinen und als solchem bloß empirischen Verstandes- und Vernunftgebrauche, sondern lediglich mit den allgemeinen und notwendigen Gesetzen des Denkens überhaupt beschäftigt, so beruht sie auf Prinzipien a priori, aus denen alle ihre Regeln abgeleitet und bewiesen werden können, als solche, denen alle Erkenntnis der Vernunft gemäß sein müßte.“ Die Logik ist „mehr als bloße Kritik; sie ist ein Kanon, der nachher zur Kritik dient, d. h. zum Prinzip der Beurteilung alles Verstandesgebrauches überhaupt“, aber nur in formaler Beziehung, da die „allgemeine Logik“ auf „alle Gegenstände überhaupt“ geht. Kurz: „Die Logik ist eine Vernunftwissenschaft nicht der Materie, sondern der bloßen Form nach; eine Wissenschaft a priori von den notwendigen Gesetzen des Denkens, aber nicht in Ansehung besonderer Gegenstände, sondern aller Gegenstände überhaupt; — also eine Wissenschaft des richtigen Verstandes- und Vernunftgebrauches überhaupt, aber nicht subjektiv, d. h. nicht nach empirischen (psychologischen) Prinzipien, wie der Verstand denkt, sondern objektiv, d. i. nach Prinzipien a priori, wie er denken soll“, Log. Einl. I (IV 14 ff.). Die Logik wird eingeteilt: 1. in die Analytik (s. d.) und Dialektik (s. d.), 2. in die „natürliche oder populäre“ und „künstliche oder wissenschaftliche“ Logik. Diese Einteilung ist aber unstatthaft; denn die natürliche Logik oder die Logik der gemeinen Vernunft ist „eigentlich keine Logik., sondern eine anthropologische Wissenschaft, die nur empirische Prinzipien hat, indem sie von den Regeln des natürlichen Verstandes- und Vernunftgebrauches handelt, die nur in concreto, also ohne Bewußtsein derselben in abstracto erkannt werden“. „Die künstliche oder wissenschaftliche Logik verdient daher allein diesen Namen, als eine Wissenschaft der notwendigen und allgemeinen Regeln des Denkens, die, unabhängig von dem natürlichen Verstandes- und Vernunftgebrauche, in concreto a priori erkannt werden können und müssen, ob sie gleich zuerst nur durch Beobachtung jenes natürlichen Gebrauchs gefunden werden können“; 3. in theoretische und praktische Logik. Auch diese Einteilung ist unrichtig. Denn die allgemeine Logik, die von allen Objekten abstrahiert, kann ebendeswegen keinen praktischen Teil haben. Jede Wissenschaft kann man eine praktische Logik nennen; „die allgemeine Logik, als praktisch betrachtet, kann daher nichts weiter sein als eine Technik der Gelehrsamkeit überhaupt; ein Organon der Schulmethode“. „Dieser Einteilung zufolge würde also die Logik einen dogmatischen und einen technischen Teil haben. Der erste würde die Elementarlehre, der andere die Methodenlehre heißen können“; 4. in die reine und angewandte Logik. „In der reinen Logik sondern wir den Verstand von den übrigen Gemütskräften ab und betrachten, was er für sich allein tut.“ Die angewandte Logik ist eigentlich nur eine Psychologie, jedenfalls aber keine Propädeutik. Die Technik des Wissenschaftsaufbaues „muß bei jeder Wissenschaft vorgetragen werden“. — Die Logik ist „keine allgemeine Erfindungskunst und kein Organon der Wahrheit; keine Algebra, mit deren Hilfe sich verborgene Wahrheiten entdecken ließen“. Aber sie ist „nützlich und unentbehrlich als eine Kritik der Erkenntnis; oder zur Beurteilung der gemeinen sowohl als der spekulativen Vernunft, nicht um sie zu lehren, sondern nur um sie korrekt und mit sich selbst übereinstimmend zu machen“. Die Logik hat „von Aristoteles Zeiten her an Inhalt nicht viel gewonnen, und das kann sie ihrer Natur nach auch nicht“, ibid. II (IV 18 ff.). In der Logik sehen wir nicht, „wie Vorstellungen entspringen, sondern lediglich, wie dieselben mit der logischen Form übereinstimmen“, ibid. V (IV 37).

Die Logik ist „ein Kanon, aber kein Organon, nämlich eine a priori erweisliche Regel der Beurteilung (Dijudikation), aber nicht der Konstruktion der Erkenntnis“. Sie wird „von Erfahrung abstrahiert, aber nicht deriviert“, N 1603; sie enthält „nicht subjektive Gesetze: wie man denkt, sondern objektive: wie man denken soll“, N 1612. Nutzen der Logik: „nicht als Erfindungskunst“ („allgemeine Heuristik ist unmöglich“), „nicht als Vorbereitung zu Wissenschaften dem Inhalte nach, sondern zur Kritik nach Grundsätzen in Ansehung der Form“. „Man hat vor der Logik philosophiert, und durch die Logik ist nicht viel besser geworden.“ „Die reine Logik ist ganz Analytik, d. i. Logik der Wahrheit.“ Die Übereinstimmung mit ihren Regeln ist das „bloß logische Kriterium der Wahrheit“, N 1629.