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In Zivil

Dieser Tage sah man in der illustrierten Scherl-Presse ein Bild: König Alfons von Spanien in London. Das wäre nun weiter nichts Merkwürdiges, aber die Fotografie zeigt den erhabenen Herrscher in Zivil. Mein Gott! – er sieht ein bißchen jämmerlich aus, wie ein Zigarettenreisender etwa, dem gerade gekündigt worden ist … Dabei sitzt der Rock tadellos, und von seinem Kragen läßt sich sogar feststellen, dass er fleckenlos ist … Und doch …

Und doch sieht der ganze Junge so unendlich bemitleidenswert aus, so – verunglückt, so – bestellt und nicht abgeholt. In Uniform strahlt der Habsburger repräsentierend, und seine Unterlippe wirkt ausgesprochen historisch … In Uniform.

Und man ist versucht, sich so allerhand Herrschaften in Zivil vorzustellen. Nicht bloß so in bürgerlicher Kleidung. Nein: so ganz losgelöst von Ihren Hintergründen, wie Villen, Diener – von denen sich diese Gattung Menschen auf das wirkungsvollste abzuheben pflegt. Ein paar würden ja die Probe aushalten – aber bei den meisten gäbe es ein klägliches Schauspiel. Wie wenn man eine ägyptische Königsmumie auf den Potsdamer Platz stellte.

Denn gerade bei uns, in Deutschland, kann nicht oft genug daran erinnert werden, dass ein buntgekleideter Unteroffizier – zivilistisch gesehen – nur ein ehemaliger Fuhrknecht ist, der peitschenknallend seinen Mist fuhr …

tu.
Vorwärts, 14.08.1912, Nr. 188.