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Der Bühnenmaler

Walser hat über Bizet gemalt, Bie hat über Walser geschrieben, jetzt soll Peter Panter noch einmal über Bie … das ist zuviel.

Wenn ich mir so diesen schönen großen Band: »Das Theater« (bei Bruno Cassirer in Berlin) ansehe, dann vergesse ich ganz, dass ich eigentlich gar nichts von Musik verstehe. Mir kommt auf einmal alles so vertraut vor. Dabei muß ich bei jedem Bild nachsehen, wen es vorstellt. Aber wie entzückend bunt ist alles! Wie farbig, fein und zart! Das hat aber auch eine große Mühe gemacht, die Bilder so sorgfältig zu kolorieren! Nun, jetzt ist es reizend geworden, die pretiösen Gesichter sehen aus den Vermummungen lustig heraus – denn da sitzt es: Walser zeichnet immer Figurinen für ein Theater auf dem Theater. Er empfindet die Bühne als etwas, was sie heute leider nicht mehr ist, aber einmal war: als eine kulturelle Institution mit starker und ausgeprägter Überlieferung. Da darf man nicht fragen: warum ist dieses so und jenes so – das ist eben immer so gewesen, das genügt. Und so sehen denn – gerade bei den Dekorationsskizzen fällt das auf – alle Häuser ein bißchen ironisch aus, die Bäume sind keine Bäume, sondern Kulissen, die Berge keine Berge, die Fenster keine Fenster. Daher kein Wedekind, keine strengen Romeo und Julia.

Aber das steht alles in der Vorrede, die Oscar Bie dazu geschrieben hat und die eine feine Fabel erzählt: die Geschichte, wie der Auteur der Vorrede der Susanne seines Mozart eben diese Vorrede diktiert. Und dass er der reizenden kleinen Person nur Kluges und Treffendes in der hübschesten Form zu sagen wagt – das kann man sich ja denken.

Peter Panter
Die Schaubühne, 04.09.1913, Nr. 36, S. 850.