8. Sozialordnung und Bevölkerungspölitik


Jetzt wäre darzulegen, wie sich die Bürger gegenseitig unter einander verhalten, welcher Art sie Verkehr mit einander haben, und in welcher Weise die Verteilung der produzirten Sachen erfolgt.

Die Stadt besteht aus Familien, die Familien werden größtenteils durch Verwandtschaft gebildet. Die mannbaren Weiber werden verheiratet und beziehen mit ihren Ehemännern ihre eigenen Wohnungen. Aber die männlichen Söhne und die Enkel bleiben in der Familie und gehorchen dem ältesten Aszendenten, so lange dessen geistige Fähigkeiten nicht altersschwach geworden sind, in welchem Falle der nächstälteste an seine Stelle tritt.

Damit aber die Bevölkerung weder abnehme, noch eine Übervölkerung eintrete, ist vorgesehen, dass jede Familie, deren jede Stadt sechstausend, die Landgegenden des Weichbildes ausgenommen, enthält, nicht weniger als zehn und nicht mehr als sechzehn Erwachsene zähle. Die Zahl der unmündigen Kinder läßt sich nicht vorschreiben.

Dieser Modus ist leicht innezuhalten, indem diejenigen in weniger vollzählige Familien eingetan werden, die einer an Köpfen überreichen Familie entstammen. Wenn eine Stadt im Ganzen überhaupt zu viele Einwohner hat, so wird der Mangel anderer Städte dadurch ergänzt. Wenn aber vielleicht die ganze Insel über das rechte Maß hinaus bevölkert wäre, so werden aus jeder Stadt eine bestimmte Anzahl ausgewählt und auf dem nächstgelegenen Festlande, wo die Eingeborenen viel überschüssiges unbebautes Land haben, wird eine Kolonie angelegt, indem sie sich mit den Eingeborenen vereinigen, wenn diese in Gemeinschaft mit ihnen leben wollen. Die sich mit ihnen zur selben Lebensweise mit denselben Sitten und Gebräuchen vereinigen wollen, verschmelzen leicht mit ihnen, zu beider Völker Bestem. Denn so wird bewirkt, dass dasselbe Land für beide Überfluss bietet, das vorher für ein Volk allein dürftig und unergiebig schien. Solche, die sich weigern, nach ihren (der Utopier) Gesetzen zu leben, drängen sie soweit zurück, als sie selbst das Land zu besetzen sich vorgenommen haben. Widerstrebende werden mit Krieg überzogen. Denn für den gerechtesten Grund zum Kriege halten sie es, wenn ein Volk von dem Lande, das es besitzt, keinen Gebrauch macht, sondern es nur als toten Besitz inne hat, andern aber gleichwohl diesen Besitz und dessen Nutznießung, worauf diese, nach dem Gebote der Natur, zu ihrer Ernährung angewiesen wären, vorenthält.

Wenn eine der Städte eine solche Kalamität betroffen hat, dass ihre Bevölkerung aus den übrigen Städten, ohne dass die Einwohnerschaft einer derselben unter das vorgeschriebene Maß vermindert würde, nicht ergänzt werden kann (was bisher bloß zweimal seit Anbeginn der Landesgeschichte der Insel in Folge einer gräulich wütenden Pest sich zugetragen haben soll), so wandern die Bürger aus der Kolonie ins Mutterland zurück und füllen die Lücken aus. Denn eher lassen sie die Kolonie eingehen, als einer der Inselstädte Gefahr der Entvölkerung drohen.


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