Eigene Truppen und Söldner
Verspricht auch dieses Verfahren innerer Parteizerklüftung keinen Erfolg, so stacheln sie die dem Feinde benachbarten Nationen auf und setzen sie gegen ihn Bewegung, unter dem Vorwande eines alten ausgegrabenen Rechtstitels, um welche ja Könige nie verlegen sind, geben die Zusage ihrer eigenen Streitkräfte im Kriege und gewähren im reichsten Maße Hilfsgelder. Unter jenen senden sie von eigenen Bürgern nur sehr wenige ab, von denen das Leben jedes Mannes so hoch gilt und die sie so lieb haben, dass sie wohl den einfachsten Mann nur ungern gegen den feindlichen Fürsten selbst ausliefern würden.
Gold und Silber aber, dessen sie sich ja nur zu jenem einzigen Zwecke bedienen, geben sie leichten Herzens aus; würde doch nicht ein Einziger deswegen eine schlechtere Lebenshaltung zu führen haben, und wenn sie auch ihren ganzen Vorrat an Edelmetallen aufwendeten.
Außer ihren einheimischen Reichtümern aber besitzen die Utopier auch noch unermeßliche Schätze im Auslande, weil die meisten Volker, wie ich früher gesagt habe, ihnen verschuldet sind, weshalb sie von überall her Söldner in den Krieg zu schicken in der Lage sind, hauptsächlich von den Zapoleten.
Dieses Volk lebt fünfhunderttausend Schritt östlich von Utopia, ist abstoßend häßlich, barbarisch, wild, und gibt seinen heimischen Gebirgen und Wäldern, in denen es geboren ist, den Vorzug vor jedem andern Aufenthalte. Ein abgehärtetes Volk, erträgt es Hitze und Kälte, sowie Strapazen gut, ist aller und jeder Lebensgenüsse unkundig, befleißigt sich weder des Ackerbaus, noch wohnt es in Gebäuden, kleidet sich sehr primitiv und ist bloß der Schafzucht ergeben. Zum größten Teile leben die Zapoleten von der Jagd und vom Raube.
Ausschließlich zum Kriege geboren, suchen sie auf jegliche Weise nach der Gelegenheit dazu, werfen sich begierig auf jede sich ihnen darbietende, marschiren in hellen Hausen aus dem Lande und bieten sich jedem Staate, der solcher Hilfe benötigt ist, um geringen Gold an.
Dies ist das einzige Gewerbe, wovon sie leben und das sie kennen, und dieses ist eins, durch das der Tod bereitet wird; aber für die, in deren Gold sie Dienste leisten, kämpfen sie mit Eifer und mit unerschütterlicher Treue.
Aber sie binden sich nicht für einen bestimmten Tag, sondern ergreifen nur unter der Bedingung Partei, dass sie bereits am nächsten Tage zu den Feinden übergehen können, wenn ihnen diese höheren Gold bieten, und den übernächsten Tag wieder zurückkehren, wenn ihnen von der alten Partei eine Kleinigkeit mehr geboten wird.
Selten bricht ein Krieg aus, in dem nicht eine beträchtliche Menge Zapoleten in beiden Heeren einander feindlich gegenüberstehen, und somit ereignet es sich tagtäglich, dass durch Bande des Blutes Verbundene, die heute noch auf derselben Seite zusammentreffend, in innigster Kameradschaft lebten, kurz darauf von einander gerissen, indem sie zu entgegengesetzten Truppenkörpern kommen, als Feinde gegen einander losgehen müssen, und mit verhetzten Gemütern, ihrer Geschlechtsabstammung vergessend, der Freundschaft, die sie früher umschlungen, uneingedenk, einander durchbohren, aus keinem anderen Grunde zu gegenseitiger Vernichtung angetrieben, als weil sie von verschiedenen Fürsten um eine elende Handvoll leidigen Geldes gemietet worden sind, welches sie so außerordentlich wertschätzen, dass ein Hellers mehr, zu dem täglichen Solde zugelegt, sie mit größter Leichtigkeit dazu treibt, die Partei zu wechseln.
So schnell ist es gegangen, dass die Habsucht sich ihrer bemächtigt hat, von der sie doch ganz und gar keinen Vorteil haben. Denn was sie mit ihrem Blute erwerben, das vergeuden sie sofort wieder in Schwelgerei und zwar in solcher elendester Art.
Dieses Volk leistet den Utopiern Kriegsdienste gegen alle Volker, gegen die sie Krieg führen, weil seine Hilfe von diesen um einen so hohen Preis gemietet wird, wie das niemand sonst tut.
Und wie die Utopier gute Menschen aufsuchen, deren Dienstleistungen sie gebrauchen, so bedienen sie sich auch dieser wertlosen Menschen, die sie mißbrauchen, die sich unter dem Antriebe hoher Versprechungen den größten Gefahren entgegenwerfen, daher der größte Teil derselben meistens nie zurückkehrt, um in Empfang zu nehmen, was ihnen versprochen worden; den Überlebenden aber bezahlen sie aufs Gewissenhafteste aus, was sie zu fordern haben, damit die Zapoleten auch in Zukunft zu ähnlichen tollen Wagnissen angefeuert werden.
Denn darum kümmern sie sich wenig, wie viele sie von solchen Bundesgenossen verlieren; sind sie doch der Meinung, sich den größten Dank her Menschheit zu verdienen, wenn sie von dem gesamten Abschaum dieses trotzigen und ruchlosen Volkes den Erdkreis reinigen könnten.