Stellung der Kunst im Verhältnis zur endlichen Wirklichkeit und zur Religion und Philosophie
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Den höchsten Inhalt nun, welchen das Subjektive in sich zu befassen vermag, können wir kurzweg die Freiheit nennen. Die Freiheit ist die höchste Bestimmung des Geistes. Zunächst ihrer ganz formellen Seite nach besteht sie darin, daß das Subjekt in dem, was demselben gegenübersteht, nichts Fremdes, keine Grenze und Schranke hat, sondern sich selber darin findet. Schon dieser formellen Bestimmung nach ist dann alle Not und jedes Unglück verschwunden, das Subjekt mit der Welt ausgesöhnt, in ihr befriedigt und jeder Gegensatz und Widerspruch gelöst. Näher aber hat die Freiheit das Vernünftige überhaupt zu ihrem Gehalte: die Sittlichkeit z. B. im Handeln, die Wahrheit im Denken. Indem nun aber die Freiheit selbst zunächst nur subjektiv und nicht ausgeführt ist, steht dem Subjekt das Unfreie, das nur Objektive als die Naturnotwendigkeit gegenüber, und es entsteht sogleich die Forderung, diesen Gegensatz zur Versöhnung zu bringen. Auf der anderen Seite findet sich im Inneren und Subjektiven selbst ein ähnlicher Gegensatz. Zur Freiheit gehört einerseits das in sich selbst Allgemeine und Selbständige, die allgemeinen Gesetze des Rechts, des Guten, Wahren usf., auf der anderen Seite stellen sich die Triebe des Menschen, die Empfindungen, die Neigungen, Leidenschaften und alles, was das konkrete Herz des Menschen als einzelnen in sich faßt. Auch dieser Gegensatz geht zum Kampfe, zum Widerspruche fort, und in diesem Streite entsteht dann alle Sehnsucht, der tiefste Schmerz, die Plage und Befriedigungslosigkeit überhaupt. Die Tiere leben in Frieden mit sich und den Dingen um sie her, doch die geistige Natur des Menschen treibt die Zweiheit und Zerrissenheit hervor, in deren Widerspruch er sich herumschlägt. Denn in dem Innern als solchem, in dem reinen Denken, in der Welt der Gesetze und deren Allgemeinheit kann der Mensch nicht aushallen, sondern bedarf auch des sinnlichen Daseins, des Gefühls, Herzens, Gemüts usf. Die Philosophie denkt den Gegensatz, der dadurch hereinkommt, wie er ist, seiner durchgreifenden Allgemeinheit nach und geht auch zur Aufhebung desselben in gleich allgemeiner Weise fort; der Mensch aber in der Unmittelbarkeit des Lebens dringt auf eine unmittelbare Befriedigung. Solche Befriedigung durch das Auflösen jenes Gegensatzes finden wir am nächsten im System der sinnlichen Bedürfnisse. Hunger, Durst, Müdigkeit, Essen, Trinken, Sattigkeit, Schlaf usf. sind in dieser Sphäre Beispiele solch eines Widerspruchs und seiner Lösung. Doch in diesem Naturgebiete des menschlichen Daseins ist der Inhalt der Befriedigungen endlicher und beschränkter Art; die Befriedigung ist nicht absolut und geht deshalb auch zu neuer Bedürftigkeit rastlos wieder fort; das Essen, die Sättigung, das Schlafen hilft nichts, der Hunger, die Müdigkeit fangen morgen von vorn wieder an. Weiter sodann im Elemente des Geistigen erstrebt der Mensch eine Befriedigung und Freiheit im Wissen und Wollen, in Kenntnissen und Handlungen. Der Unwissende ist unfrei, denn ihm gegenüber steht eine fremde Welt, ein Drüben und Draußen, von welchem er abhängt, ohne daß er diese fremde Welt für sich selber gemacht hätte und dadurch in ihr als in dem Seinigen bei sich selber wäre. Der Trieb der Wißbegierde, der Drang nach Kenntnis, von der untersten Stufe an bis zur höchsten Staffel philosophischer Einsicht hinauf, geht nur aus dem Streben hervor, jenes Verhältnis der Unfreiheit aufzuheben und sich die Welt in der Vorstellung und im Denken zu eigen zu machen. In der umgekehrten Weise geht die Freiheit im Handeln darauf aus, daß die Vernunft des Willens Wirklichkeit erlange. Diese Vernunft verwirklicht der Wille im Staatsleben. Im wahrhaft vernünftig gegliederten Staat sind alle Gesetze und Einrichtungen nichts als eine Realisation der Freiheit nach deren wesentlichen Bestimmungen. Ist dies der Fall, so findet die einzelne Vernunft in diesen Institutionen nur die Wirklichkeit ihres eigenen Wesens und geht, wenn sie diesen Gesetzen gehorcht, nicht mit dem ihr Fremden, sondern nur mit ihrem Eigenen zusammen. Willkür heißt man zwar oft gleichfalls Freiheit; doch Willkür ist nur die unvernünftige Freiheit, das Wählen und Selbstbestimmen nicht aus der Vernunft des Willens, sondern aus zufälligen Trieben und deren Abhängigkeit von Sinnlichem und Äußerem.
Die physischen Bedürfnisse, das Wissen und Wollen des Menschen erhalten nun also in der Tat eine Befriedigung in der Welt und lösen den Gegensatz von Subjektivem und Objektivem, von innerer Freiheit und äußerlich vorhandener Notwendigkeit in freier Weise auf. Der Inhalt aber dieser Freiheit und Befriedigung bleibt dennoch beschränkt, und so behält auch die Freiheit und das Sichselbstgenügen eine Seite der Endlichkeit. Wo aber Endlichkeit ist, da bricht auch der Gegensatz und Widerspruch stets wieder von neuem durch, und die Befriedigung kommt über das Relative nicht hinaus. Im Recht und seiner Wirklichkeit z. B. ist zwar meine Vernünftigkeit, mein Wille und dessen Freiheit anerkannt, ich gelte als Person und werde als solche respektiert; ich habe Eigentum, und es soll mir zu eigen bleiben; kommt es in Gefahr, so verschafft mir das Gericht mein Recht. Diese Anerkennung aber und Freiheit betrifft nur immer wieder einzelne relative Seiten und deren einzelne Objekte: dies Haus, diese Summe Geldes, dies bestimmte Recht, Gesetz usf., diese einzelne Handlung und Wirklichkeit. Was das Bewußtsein darin vor sich hat, sind Einzelheiten, welche sich wohl zueinander verhalten und eine Gesamtheit der Beziehungen ausmachen, aber in selbst nur relativen Kategorien und unter mannigfachen Bedingnissen, bei deren Herrschaft die Befriedigung ebensosehr momentan eintreten als auch ausbleiben kann. Nun bildet zwar weiter hinauf das Staatsleben als Ganzes eine in sich vollendete Totalität; Fürst, Regierung, Gerichte, Militär, Einrichtung der bürgerlichen Gesellschaft, Geselligkeit usf., die Rechte und Pflichten, die Zwecke und ihre Befriedigung, die vorgeschriebenen Handlungsweisen, die Leistungen, wodurch dies Ganze seine stete Wirklichkeit bewerkstelligt und behält - dieser gesamte Organismus ist in einem echten Staate rund, vollständig und ausgeführt in sich. Das Prinzip selbst aber, als dessen Wirklichkeit das Staatsleben da ist und worin der Mensch seine Befriedigung sucht, ist, wie mannigfaltig es auch in seiner inneren und äußeren Gliederung sich entfalten mag, dennoch ebensosehr wieder einseitig und abstrakt in sich selbst. Es ist nur die vernünftige Freiheit des Willens, welche darin sich expliziert; es ist nur der Staat, und wiederum nur dieser einzelne Staat, und dadurch selbst wieder eine besondere Sphäre des Daseins und deren vereinzelte Realität, in welcher die Freiheit wirklich wird. So fühlt der Mensch auch, daß die Rechte und Verpflichtungen in diesen Gebieten und ihrer weltlichen und selbst wieder endlichen Weise des Daseins nicht ausreichend sind; daß sie in ihrer Objektivität wie in Beziehung auf das Subjekt noch einer höheren Bewährung und Sanktionierung bedürfen.
Was der in dieser Beziehung von allen Seiten her in Endlichkeit verstrickte Mensch sucht, ist die Region einer höheren substantielleren Wahrheit, in welcher alle Gegensätze und Widersprüche des Endlichen ihre letzte Lösung und die Freiheit ihre volle Befriedigung finden können. Dies ist die Region der Wahrheit an sich selbst, nicht des relativ Wahren. Die höchste Wahrheit, die Wahrheit als solche, ist die Auflösung des höchsten Gegensatzes und Widerspruchs. In ihr hat der Gegensatz von Freiheit und Notwendigkeit, von Geist und Natur, von Wissen und Gegenstand, Gesetz und Trieb, der Gegensatz und Widerspruch überhaupt, welche Form er auch annehmen möge, als Gegensatz und Widerspruch keine Geltung und Macht mehr. Durch sie erweist sich, daß weder die Freiheit für sich als subjektive, abgesondert von der Notwendigkeit, absolut ein Wahres sei, noch ebenso der Notwendigkeit, für sich isoliert, Wahrhaftigkeit dürfe zugeschrieben werden. Das gewöhnliche Bewußtsein dagegen kommt über diesen Gegensatz nicht hinaus und verzweifelt entweder in dem Widerspruch oder wirft ihn fort und hilft sich sonst auf andere Weise. Die Philosophie aber tritt mitten in die sich widersprechenden Bestimmungen hinein, erkennt sie ihrem Begriff nach, d. h. als in ihrer Einseitigkeit nicht absolut, sondern sich auflösend, und setzt sie in die Harmonie und Einheit, welche die Wahrheit ist. Diesen Begriff der Wahrheit zu fassen, ist die Aufgabe der Philosophie. Nun erkennt zwar die Philosophie den Begriff in allem und ist dadurch allein begreifendes, wahrhaftiges Denken, doch ein anderes ist der Begriff, die Wahrheit an sich und die ihr entsprechende oder nichtentsprechende Existenz. In der endlichen Wirklichkeit erscheinen die Bestimmungen, welche der Wahrheit zugehören, als ein Außereinander, als eine Trennung dessen, was seiner Wahrheit nach untrennbar ist. So ist das Lebendige z. B. Individuum, tritt aber als Subjekt ebensosehr in Gegensatz gegen eine umgebende unorganische Natur. Nun enthält der Begriff allerdings diese Seiten, doch als ausgesöhnte; die endliche Existenz aber treibt sie auseinander und ist dadurch eine dem Begriff und der Wahrheit ungemäße Realität. In dieser Weise ist der Begriff wohl überall; der Punkt jedoch, auf welchen es ankommt, besteht darin, ob der Begriff auch seiner Wahrheit nach in dieser Einheit wirklich wird, in welcher die besonderen Seiten und Gegensätze in keiner realen Selbständigkeit und Festigkeit gegeneinander verharren, sondern nur noch als ideelle, zu freiem Einklang versöhnte Momente gelten. Die Wirklichkeit dieser höchsten Einheit erst ist die Region der Wahrheit, Freiheit und Befriedigung. Wir können das Leben in dieser Sphäre, diesen Genuß der Wahrheit, welcher als Empfindung Seligkeit, als Denken Erkenntnis ist, im allgemeinen als das Leben in der Religion bezeichnen. Denn die Religion ist die allgemeine Sphäre, in welcher die eine konkrete Totalität dem Menschen als sein eigenes Wesen und als das der Natur zum Bewußtsein kommt und diese eine wahrhaftige Wirklichkeit allein sich ihm als die höchste Macht über das Besondere und Endliche erweist, durch welche alles sonst Zertrennte und Entgegengesetzte zur höheren und absoluten Einheit zurückgebracht wird.
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