b. Die innere Buße und Bekehrung
Die entgegengesetzte Darstellungsweise in derselben Sphäre sieht einerseits von der äußeren Qual der Körperlichkeit, andererseits von der negativen Richtung gegen das an und für sich Berechtigte in der weltlichen Wirklichkeit ab und gewinnt dadurch, sowohl in Rücksicht auf ihren Inhalt als auch in betreff der Form, einen der idealen Kunst gemäßeren Boden. Dieser Boden ist die Konversion des Inneren, das sich jetzt in seinem geistigen Schmerz, seiner Bekehrung des Gemüts allein ausdrückt. Dadurch fallen hier fürs erste die immer wiederholten Grausamkeiten und Gräßlichkeiten der Peinigung des Leibes fort; fürs zweite hält sich die barbarische Religiosität des Gemüts nicht mehr gegen die sittliche Menschlichkeit fest, um in der Abstraktion ihrer rein intellektuellen Befriedigung jede andere Art des Genusses im Schmerz einer absoluten Entsagung gewaltsam mit Füßen zu treten, sondern kehrt sich nur gegen das in der Tat Sündliche, Verbrecherische und Böse in der menschlichen Natur. Es ist eine hohe Zuversicht, daß der Glaube, diese Richtung des Geistes in sich auf Gott, fähig sei, die begangene Tat, selbst wenn sie Sünde und Verbrechen ist, zu etwas dem Subjekte Fremdem, sie ungeschehen zu machen, sie wegzuwaschen. Dieser Rückzug aus dem Bösen, dem absolut Negativen, der im Subjekte wirklich wird, nachdem der subjektive Wille und Geist sich selbst, wie er als böse gewesen ist, verschmäht und vertilgt hat, - diese Rückkehr zum Positiven, das sich nun als das eigentlich Wirkliche gegen die frühere Existenz in der Sünde in sich befestigt, ist die wahrhaft unendliche Gewalt der religiösen Liebe, die Gegenwart und Wirklichkeit des absoluten Geistes im Subjekte selbst. Das Gefühl der Stärke und Ausdauer des eigenen Geistes, der durch Gott, zu dem er sich wendet, das Böse besiegt und, insofern er sich mit ihm vermittelt, sich mit ihm eins weiß, gibt sodann die Befriedigung und Beseligung, Gott zwar als absolut Anderes gegen die Sünde der Zeitlichkeit anzuschauen, doch dies Unendliche zugleich identisch mit mir als diesem Subjekt zu wissen, dies Selbstbewußtsein Gottes als mein Ich, mein Selbstbewußtsein, so gewiß, als Ich mir selber bin, in mir zu tragen. Solch eine Umkehr geht freilich ganz im Innern vor und gehört dadurch mehr der Religion als der Kunst an; indem es jedoch die Innigkeit des Gemüts ist, welche sich vornehmlich dieser Tat der Bekehrung bemächtigt und auch durch das Äußere hindurchleuchten kann, so erhält selbst die bildende Kunst, die Malerei das Recht, dergleichen Bekehrungsgeschichten zur Anschauung zu bringen. Stellt sie jedoch den ganzen Verlauf, welcher in dergleichen Konversionsgeschichten liegt, vollständig dar, so kann auch hier wieder manches Unschöne mit unterlaufen, da in diesem Falle dann auch das Verbrecherische und Widrige muß vorgeführt werden, wie z. B. in der Erzählung vom verlorenen Sohne. Am günstigsten ist es deshalb für die Malerei, wenn sie die Bekehrung allein zu einem Bilde ohne weitere Detaillierung des Verbrecherischen konzentriert. Von dieser Art ist die Maria Magdalena, die zu den schönsten Gegenständen dieses Kreises zu zählen und besonders von italienischen Malern vortrefflich und der Kunst gemäß behandelt ist. Sie erscheint hier nach innen und außen als die schöne Sünderin, in welcher die Sünde ebenso anziehend ist als die Bekehrung. Doch weder mit der Sünde noch mit der Heiligkeit wird es dann so ernst genommen; ihr ward viel verziehen, weil sie viel geliebet hatte; um ihrer Liebe und Schönheit willen ist ihr verziehen, und das Rührende besteht nun darin, daß sie sich doch ein Gewissen aus ihrem Lieben macht, in empfindungsreicher Schönheit der Seele Tränen des Schmerzes vergießt. Nicht daß sie soviel geliebet hat, ist ihr Irrtum; sondern dies gleichsam ist ihr schöner, rührender Irrtum, daß sie glaubt, eine Sünderin zu sein, denn ihre empfindungsvolle Schönheit selbst gibt nur die Vorstellung, daß sie in ihrer Liebe edel und von tiefem Gemüt gewesen.