3.b. Subjektive Selbständigkeit in der Treue
Der inhaltsvollere Zweck, der durch diese neue Einigung der Individuen zum Vorschein kommt, ist aber nicht etwa Patriotismus, als objektives, allgemeines Interesse, sondern nur an ein Subjekt, den Herrn gebunden und darum auch wieder bedingt durch die eigene Ehre, den partikulären Vorteil, die subjektive Meinung. In ihrem größten Glänze erscheint die Treue in einer ungestalteten, ungeschlachten äußerlichen Welt, ohne Herrschaft der Rechte und Gesetze. Innerhalb solch einer gesetzlosen Wirklichkeit stellen sich die Kräftigsten und Emporragendsten als feste Mittelpunkte, als Führer, Fürsten hin, ihnen schließen andere aus freier Wahl sich an. Solch ein Verhältnis hat sich dann später selbst zu einem gesetzlichen Bande der Lehnsherrschaft ausgebildet, wo nun auch jeder Vasall für sich seine Rechte und Vorzüge in Anspruch nimmt. Das Grundprinzip aber, auf dem das Ganze seinem Ursprünge nach beruht, ist die freie Wahl sowohl in betreff auf das Subjekt der Anhänglichkeit als auch auf die Beharrlichkeit in derselben. So weiß denn die Ritterlichkeit der Treue das Eigentum, Recht, die persönliche Selbständigkeit und Ehre des Individuums sehr wohl aufrechtzuerhalten und ist daher nicht als eine Pflicht als solche, welche auch wider den zufälligen Willen des Subjekts zu leisten wäre, anerkannt. Im Gegenteil. Jedes Individuum macht ihr Bestehen und damit das Bestehen der allgemeinen Ordnung von seiner Lust, Neigung und singulären Gesinnung abhängig.