Firma


Sind nun hier auf seiten des Objekts die Merkmale des Vermögens vorhanden, so liegt das dogmatische Bedürfnis nahe, ja es ist im Interesse der Präzision des Ausdrucks fast unumgänglich, dafür auch ein Subjekt, oder doch etwas einem Subjekt Entsprechendes, dessen Funktionen Versehendes zu finden. Eine Handhabe hierfür bietet die Verwendung der Firma. Prinzipiell ist sie nur eine Art praktischer Breviloquenz, denn sie dient nur zur Zusammenfassung der auf Rechnung »der Gesellschaft« im obigen Sinne laufenden Vermögensbeziehungen.

In der Anschauungsweise des Geschäftsverkehrs aber gewinnt die Firma eben dadurch leicht eine Art von Persönlichkeit, d.h. die Personifikation derselben ist die Handhabe, um Sätze, welche zwar im praktischen Leben sich relativ einfach und natürlich geben, – wie z.B. den: daß wer in ein bestehendes Geschäft eintritt, für dessen ältere Schulden haftet u.a., – welche aber in ihrer juristischen Konstruktion keineswegs einfach sind, durch ein plastisches Bild anschaulich und damit praktikabel zu machen. Wenn es daher auch juristisch zu einer wirklichen Personifikation der Firma nicht kommt, so wird doch, soweit das systematische Bedürfnis reicht, es ermöglicht, daß die »Firma«, – das »Geschäft«, – die »Gesellschaft«, – einzelne wichtige Funktionen eines Rechtssubjektes erfüllt.

Es ergibt sich leicht aus dem bisher Gesagten, daß die Grundlage dieser Entwicklungen mit in erster Linie die beiden eng miteinander zusammenhängenden Institute der solidarischen Haftung und des gesellschaftlichen Sondervermögens sind.

Wesentlich diese beiden Institute sollen im folgenden einer historischen Betrachtung unterzogen werden, zu welchem Behuf allerdings ein Eingehen auf die Entwicklung der Gesellschaftsformen überhaupt, schon der Gewinnung des Gegensatzes wegen, nicht entbehrt werden kann5.

Bevor wir auf die Grundlagen der mittelalterlichen Sozietätsentwicklung kommen, ist wenigstens in aller Kürze die hier nicht zum erstenmal aufgeworfene Frage zu erörtern, ob nicht etwa schon im römischen Recht wenigstens Ansätze zu einer Ueberwindung der rein obligatorischen Natur der societas und ihrer Beschränkung auf Wirkungen inter socios sich finden.

 

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5 Von der vorstehend skizzierten Darstellung des Rechts der offenen Handelsgesellschaft weicht Laband – in der Zeitschr. für Handelsr. Bd. 30, 31 – prinzipiell insofern ab, als bei ihm die Vermögensfunktion des Gesellschaftsfonds wohl zu kurz kommen dürfte. – Aus Abneigung gegen die in der Doktrin übliche Unterscheidung der »inneren« und » äußeren« Seite des Verhältnisses – ein Gegensatz, dessen Verwertung er selbst Bd. 30 S. 5 l. c. doch nicht ganz entraten kann – behandelt er als das der offenen Handelsgesellschaft Charakteristische nur die Haftung nach außen. Bei der Absonderung des Gesellschaftsfonds als Sondergut handle es sich nur um ein Rechtsverhältnis inter socios, das obligatorische Mitrecht des einen beschränke den anderen in der vollständigen Herrschaft über sein Vermögen, – Beweis: die Größe des Gesellschaftsvermögens sei nicht Gegenstand eines Rechtes dritter, insbesondere der Gläubiger.

 Dies zugegeben, ist dagegen zu sagen, daß zwar nicht die Größe, aber allerdings die Existenz eines Gesellschaftsvermögens Gegenstand des Rechts auch dritter ist. Das Gesellschaftsvermögen kann ökonomisch gleich Null sein, juristisch besteht es, und zwar nicht ohne wichtige Konsequenzen auch für die ökonomische Sachlage, und die socii können auf keine Weise hindern, daß es besteht und daß die Rechtsfolgen dieses Bestehens eintreten.

 Laband will den Ausschluß der Privatgläubiger vom Gesellschaftsvermögen dadurch motivieren, daß die Gläubiger des einzelnen socius nicht mehr Rechte haben könnten als dieser selbst, – nemo plus juris transferre potest quam habet ipse, – und der socius werde ja eben durch die obligatorischen Ansprüche der anderen socii beschränkt; allein auch ein Privatgläubiger, welcher solidarischer Privatgläubiger aller einzelnen socii wäre, würde nicht Gesellschaftsgläubiger sein, und überdies bleibt problematisch, wie obligatorische Rechte der anderen socii die besagte dingliche Wirkung des Ausschlusses der Gläubiger von den dem socius zustehenden Anteilen an den Gesellschaftssachen erzeugen sollten. Ständen dem Privatgläubiger nur Rechte der einzelnen anderen socii entgegen, so müßte die bloße Nichtgeltendmachung dieser Rechte ihn zum Gesellschaftsgläubiger machen und ihm den Zugriff ermöglichen, was nicht der Fall ist.

Bei einer römischen societas entsteht dadurch, daß die socii im einzelnen Fall, als Bürgen z.B., solidarisch haften, noch kein Gesellschaftsvermögen, auch bezüglich der argentarii, bei welchen die Haftung eine gesetzliche ist, ist von einem derartigen Institut nichts bekannt.

Auch historisch werden wir die große Rolle, welche gerade das Bestehen eines gemeinsamen Vermögens in der Entwicklung gespielt hat, zu verfolgen Gelegenheit haben.

Richtig ist nur, daß die offene Handelsgesellschaft das Charakteristikum des Sondervermögens mit bestimmten anderen Gesellschaftsformen, wie bekannt, teilt, und daß stets die Stellung derartiger Sondervermögen mit den Haftungsverhältnissen auf das innigste zusammenhängt.

Vgl. gegen Laband: Gierke, Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung S. 438.

 


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