Analoge Behandlung der socii und der Familiengenossen
Jede Sozietät der hier besprochenen Art hat, das wurde schon früher hervorgehoben, einen gewissen familienartigen Charakter, der sich aus dem engen persönlichen, durch die ursprünglich stets damit verbundene Gemeinschaft des Haushalts verstärkten, Vertrauensverhältnis des socii ergab. Die durchweg analoge Behandlung der socii und der Familiengenossen ist denn auch in Florenz scharf durchgeführt.
Streitigkeiten unter Familiengenossen wie unter socii werden hier wie anderwärts nicht im ordentlichen Prozeßwege ausgemacht, – ursprünglich offenbar der Unschicklichkeit des gerichtlichen Zweikampfs unter solchen Personen wegen, – sondern durch ex officio und zwangsweise anzuordnende arbitria erledigt179.
Die Haftung des gesamten Hauses, – bei der Sozietät grundsätzlich auch der fattori und discepoli, bei der Familie auch der Haussöhne, für den Chef bzw. Vater, und umgekehrt, – ist von den Statuta Populi et Communis Florentiae 1. II c 110 und von den Zunftstatuten (an den von Lastig zitierten Stellen) gleichmäßig anerkannt. Hinsichtlich der Haftung der Familiengenossen haben dann die Statuten auch hier die eigentümliche, uns schon anderwärts begegnete Abschichtungspflicht – und das entsprechende Recht – der Familie bezüglich des Erbteils des überschuldeten Mitgliedes an die Stelle der unbedingten Haftung gesetzt; – und ganz analog ist für die Sozietäten die Bestimmung im Stat. dell' Arte di Calimala (I c. 62), wonach sich die Exekution richtet gegen »compagni e compagnia e gli altri ... salvo che se'l maggiore o lo scrivano di quella compagnia ... giurasse ... che quello compagno, per cui si domanda, non abbia del suo nella compagnia, in questo caso non siano tenuti di pagare per lui. E se ... dicesso che egli avesse meno ... facciasi l'eccecuzione solo in quella quantità che s'ha ...« Es handelt sich hier, nicht zu vergessen, um » Privatgläubiger«, und wir finden darin eine Bestätigung der früheren Darstellung von den ersten Entwicklungsstadien: an die Stelle der Haftung ohne weiteres und der unmittelbaren Exekution in die Gemeinschaft tritt auch bei der Sozietät die Ausschichtungspflicht und der Anspruch der Gläubiger auf Auseinandersetzung180.
Wie bei den Familiengenossen, so erstreckt sich auch bei den socii die Wirkung der Gemeinschaft auf das gesamte Erwerbsleben und auch auf alle wichtigen persönlichen Verhältnisse. Verheiratung außerhalb von Florenz, also außerhalb der Möglichkeit der Kontrolle, ist ohne Erlaubnis der Kompagnie dem socius, factor und discipulus nicht gestattet181; dieselben dürfen, solange sie zu einer Kompagnie der Zunft gehören, aus letzterer nicht austreten182; sie dürfen nicht neben den Geschäften der Kompagnie noch eigene Geschäfte machen183.
Die Stellung des kaufmännischen fattore – Kommis, – und discepolo – Lehrling – ist in einer derjenigen des Haussohns sehr analogen Weise geregelt. Wie der Haussohn, so erwirbt grundsätzlich der fattore alles der Gemeinschaft, welcher er als unselbständiges Glied angehört184; er sowohl wie der discepolo haften ferner für die Schulden der Gesellschaft, der Gläubiger kann sich unmittelbar an sie halten, die Statuten verpflichten für den Fall, daß dies geschieht, nur den Chef, für sie einzutreten und sie zu liberieren185. Erst 1393 wurde die persönliche Haftung dieser Personen aufgehoben186. Die Gerichtsbarkeit über den Chef ist notwendig zugleich Gerichtsbarkeit über dessen fattori und discepoli187. Die Legitimation des fattore zur Verpflichtung der Sozietät wurde schon erwähnt. Nach alledem, – die nähere Erörterung des Verhältnisses der Lehrlinge und Kommis gehört nicht hierher, – ist der Parallelismus zwischen Sozietät und Familiengemeinschaft in den Verhältnissen auch der unselbständigen Glieder der Gemeinschaft unverkennbar.
Die Frage ist aber, ob daraus eine Herübernahme aus dem Familienrecht zu den Sozietäten zu folgern ist. Unzweifelhaft haben die uns hier beschäftigenden Sozietäten eine in mehr als einer Beziehung eigenartige Gestalt, welche aus einem Sozietätsverhältnis an sich nicht folgt. Dieselbe erklärt sich indessen durchaus durch die, dem Ursprung dieser Sozietäten aus dem Handwerk entstammende, Verbindung derselben mit einer Gemeinschaft des Haushalts, welche ein die gesamten persönlichen Verhältnisse des Genossen beeinflussendes Vertrauensverhältnis involvierte.
Dagegen enthalten andererseits die Rechtssätze über die Familiensozietäten zahlreiche nach unserer Auffassung befremdende Bestimmungen, welche nur bei einer Betrachtungsweise erklärlich sind, die in dem neugeborenen Sohn des Hauses schon den künftigen Kommis und späteren Kompagnon des väterlichen und großväterlichen Geschäfts sieht.
Die Arbeitsgemeinschaften und noch die späteren großen industriellen Assoziationen haben in ihren ersten Entwicklungsstadien ein auch der Familie eigentümliches Moment, den gemeinsamen Haushalt, mit seinen Konsequenzen in sich aufgenommen, die Familie aber hat sich als Sozietät konstituiert, – so etwa wäre das Verhältnis beider zu formulieren und dahin scheint mir die Auffassung von Lastig restringiert werden zu müssen.