III. [Das Geld als der verselbständigte Ausdruck der Tauschrelation, durch die die begehrten Objekte zu wirtschaftlichen werden, der Ersetzbarkeit der Dinge]
In diesem Sinne findet man das Geld als »abstrakten Vermögenswert« definiert; als sichtbarer Gegenstand ist es der Körper, mit dem der von den wertvollen Gegenständen selbst abstrahierte wirtschaftliche Wert sich bekleidet hat, dem Wortlaut vergleichbar, der zwar ein akustisch-physiologisches Vorkommnis ist, seine ganze Bedeutung für uns aber nur in der inneren Vorstellung hat, die er trägt oder symbolisiert. Wenn nun der wirtschaftliche Wert der Objekte in dem gegenseitigen Verhältnis besteht, das sie, als tauschbare, eingehen, so ist das Geld also der zur Selbständigkeit gelangte Ausdruck dieses Verhältnisses; es ist die Darstellung des abstrakten Vermögenswertes, indem aus dem wirtschaftlichen Verhältnis, d.h. der Tauschbarkeit der Gegenstände, die Tatsache dieses Verhältnisses herausdifferenziert wird und jenen Gegenständen gegenüber eine begriffliche - und ihrerseits an ein sichtbares Symbol geknüpfte - Existenz gewinnt. Es ist die Sonderverwirklichung dessen, was den Gegenständen als wirtschaftlichen gemeinsam ist - im Sinne der Scholastik könnte man es sowohl als universale ante rem wie in re wie post rem bezeichnen -, und deshalb äußert die allgemeine Not des Menschenlebens sich in keinem äußeren Symbol so vollständig wie in der beständigen Geldnot, die die meisten Menschen bedrückt. Der Geldpreis einer Ware bedeutet das Maß der Tauschbarkeit, das zwischen ihr und der Gesamtheit der übrigen Waren besteht. Nimmt man das Geld in jenem reinen Sinne, der von allen Folgen seiner konkreten Darstellung unabhängig ist, so bedeutet die Änderung des Geldpreises, daß das Tauschverhältnis zwischen der einzelnen Ware und der Gesamtheit der übrigen sich ändert. Wenn ein Warenquantum A seinen Preis von einer Mark auf zwei steigert, während alle anderen Waren B C D E den ihrigen behalten, so bedeutet dies eine Verschiebung des Verhältnisses zwischen A und B C D E, die man auch so ausdrücken könnte, daß diese letzteren im Preise gefallen sind, während A den seinigen behalten hat. Nur die größere Einfachheit des Ausdrucks läßt uns die erste Vorstellungsweise vorziehen, gerade wie wir bei der Lageveränderung eines Körpers gegen sein Umgebungsbild sagen, er habe sich z.B. von Osten nach Westen bewegt, während die tatsächliche Erscheinung sich genau so zutreffend als Bewegung der gesamten Umgebung (den Zuschauer einbegriffen) von Westen nach Osten, bei Ruhelage jenes einen Körpers, beschreiben läßt. Wie die Lage eines Körpers ihm nicht als eine Bestimmtheit seiner für sich allein, sondern nur als ein Verhältnis zu anderen zukommt, so daß bei jeder Änderung derselben ebenso gut diese anderen wie jener selbst als das tätige oder als das passive Subjekt bezeichnet werden können - so läßt sich jede Wertänderung von A innerhalb des wirtschaftlichen Kosmos, da sein Wert selbst nur in dem Verhältnis zu diesem besteht, mit gleichem Recht und nur unbequemer als Änderung von B C D E bezeichnen. Diese Relativität, wie sie im Naturaltausch unmittelbar praktisch wird, kristallisiert nun zu der Ausdrückbarkeit des Wertes in Geld. Auf welche Weise das geschehen kann, ist Sache späterer Untersuchung. Der Satz: A ist eine Mark wert, hat aus A alles hinweggeläutert, was nicht wirtschaftlich, d.h. nicht Tauschbeziehung zu B C D E ist; diese Mark, als Wert betrachtet, ist die von ihrem Träger gelöste Funktion des A in seinem Verhältnis zu den übrigen Objekten des Wirtschaftskreises. Alles, was A an und für sich, und aus dieser bloßen Beziehung heraustretend, sein mag, ist hier völlig gleichgültig; jedes A1 oder A2, das von jenem qualitativ abweicht, ist, insofern es ebenfalls eine Mark gilt, ihm gleich, weil, oder genauer: indem es zu B C D E dasselbe Verhältnis quantitativ bestimmten Austausches hat. Geld ist das »Geltende« schlechthin, und wirtschaftliches Gelten bedeutet etwas gelten, d.h. gegen etwas anderes vertauschbar zu sein. Alle anderen Dinge haben einen bestimmten Inhalt und gelten deshalb; das Geld umgekehrt hat seinen Inhalt davon, daß es gilt, es ist das zur Substanz erstarrte Gelten, das Gelten der Dinge ohne die Dinge selbst. Indem es so das Sublimat der Relativität der Dinge ist, scheint es selbst dieser entzogen zu sein - wie die Normen der Wirklichkeit nicht derselben Relativität unterliegen, die die Wirklichkeit beherrschen, und zwar nicht trotzdem, sondern gerade weil ihre Inhalte die zu selbständiger Lebendigkeit, Bedeutung und Haltbarkeit aufgewachsenen Verhältnisse zwischen den Dingen sind. Alles Sein ist gesetzmäßig, aber eben deshalb sind die Gesetze, denen es unterliegt, nicht selbst wieder gesetzmäßig: man würde sich im Zirkel bewegen, wenn man ein Naturgesetz des Inhalts annähme, daß es Naturgesetze geben müsse - wobei ich freilich dahingestellt lasse, ob dieser Zirkel nicht etwa dennoch als legitimer besteht, weil er zu den fundamentalen Bewegungen des Denkens gehöre, die in sich selbst zurück- oder auf einen im Unendlichen liegenden Zielpunkt hingehen. So sind die Normen - mag man sie mit Plato und Schopenhauer die Ideen, mit den Stoikern die Logoi, mit Kant das Apriori, mit Hegel die Stufen der Vernunftentwicklung nennen -, nichts als die Arten und Formen der Relativitäten selbst, die sich zwischen den Einzelheiten der Wirklichkeit, sie gestaltend, entwickeln. Sie sind selbst nicht in demselben Sinn relativ, wie die ihnen Untertanen Einzelheiten, da sie deren Relativität selbst sind. Auf dieser Grundlage wird es verständlich, daß das Geld, als der abstrakte Vermögenswert, nichts anderes ausdrückt, als die Relativität der Dinge, die eben den Wert ausmacht, und doch zugleich als der ruhende Pol den ewigen Bewegungen, Schwankungen, Ausgleichungen derselben gegenübersteht. Insofern es das letztere nicht tut, wirkt es eben nicht mehr seinem reinen Begriffe nach, sondern als Einzelobjekt, das allen anderen koordiniert ist. Nur ganz mißverständlich könnte dagegen eingewandt werden, daß in der Geldleihe und dem Wechselgeschäft doch Geld für Geld gekauft wird, und daß es deshalb, trotzdem es hier in der Reinheit seines Begriffes verbleibt, sich die Relativität der Einzelwerte aneignete, die es doch nicht haben, sondern nur sein sollte. Daß das Geld die Wertrelation der unmittelbar wertvollen Dinge untereinander ausdrückt, enthebt es freilich dieser Relation und stellt es in eine andere Ordnung. Indem es die fragliche Relation mit ihren praktischen Konsequenzen verkörpert, erhält es selbst einen Wert, mit dem es nicht nur in das Tauschverhältnis zu allen möglichen konkreten Werten tritt, sondern mit dem es auch innerhalb jener ihm eigenen, jenseits der Konkretheit stehenden Ordnung Relationen unter seinen Quanten anzeigen kann. Das eine Quantum bietet sich als gegenwärtiges, das andere als versprochenes, das eine als in dem einen Bezirk akzeptiertes, das andere in einem anderen - dies sind Modifikationen, die zu gegenseitigen Wertrelationen führen, völlig unbeschadet der Tatsache, daß das Objekt, an dessen Teilquanten sie vorgehen, als Ganzes selbst die Relation zwischen Objekten von andersartiger Wertbedeutung darstellt.