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II. [Der sozial fixierte Preis als Vorstufe des sachlich regulierten]

 

Der Preis fällt seinem begrifflichen Wesen nach mit dem ökonomisch objektiven Werte zusammen; ohne ihn würde es überhaupt nicht gelingen, die Grenzlinie, die den letzteren von dem subjektiven Genuß des Gegenstandes scheidet, zu ziehen. Der Ausdruck nämlich, daß der Tausch Wertgleichheit voraussetze, ist vom Standpunkt der kontrahierenden Subjekte aus nicht zutreffend. A und B mögen ihre Besitztümer a und b untereinander eintauschen, da die beiden gleich viel wert sind. Allein A hätte keine Veranlassung, sein a fortzugeben, wenn er wirklich nur den für ihn gleich großen Wert b dafür erhielte. b muß für ihn ein größeres Wertquantum als das, was er bisher an a besessen hat, bedeuten; und ebenso muß B bei dem Tausche mehr gewinnen als einbüßen, um auf ihn einzutreten. Wenn für A also b wertvoller ist als a, für B dagegen a wertvoller als b, so gleicht sich dies objektiv, vom Standpunkt eines Beobachters, freilich aus. Allein diese Wertgleichheit besteht nicht für den Kontrahenten, der mehr empfängt, als er fortgibt. Wenn dieser dennoch überzeugt ist, mit dem anderen nach Recht und Billigkeit gehandelt und Gleichwertiges ausgetauscht zu haben, so ist dies für A so auszudrücken: objektiv zwar habe er an B Gleiches für Gleiches geliefert, der Preis (a) sei das Äquivalent für den Gegenstand (b), aber subjektiv sei der Wert von b freilich für ihn größer als der von a. Nun ist aber das Wertgefühl, das A an b knüpft, doch in sich eine Einheit und in ihm selbst der Teilstrich nicht mehr wahrnehmbar, der das objektive Wertquantum gegen seine subjektive Zugabe abgrenzte. Ausschließlich also die Tatsache, daß das Objekt ausgetauscht wird, d.h. ein Preis ist und einen Preis kostet, zieht diese Grenze, bestimmt innerhalb seines subjektiven Wertquantums den Teil, mit dem es als objektiver Gegenwert in den Verkehr eintritt.

 Eine andere Beobachtung belehrt uns nicht weniger, daß der Tausch keineswegs von einer vorangehenden Vorstellung objektiver Wertgleichheit bedingt ist. Sieht man nämlich zu, wie das Kind, der impulsive, und, allem Anschein nach, auch der primitive Mensch tauscht - so geben diese irgendein beliebiges Besitztum für einen Gegenstand hin, den sie gerade augenblicklich heftig begehren, gleichviel, ob die allgemeine Schätzung oder sie selbst bei ruhigem Überlegen den Preis viel zu hoch finden. Dies widerspricht der Ausmachung, daß jeder Tausch für das Bewußtsein des Subjekts ein vorteilhafter sein müsse, eben deshalb nicht, weil diese ganze Aktion subjektiv noch jenseits der Frage nach Gleichheit oder Ungleichheit der Tauschobjekte steht. Es ist eine jener rationalistischen Selbstverständlichkeiten, die so ganz unpsychologisch sind: daß jedem Tausch eine Abwägung zwischen Opfer und Gewinn vorausgegangen sei und mindestens zu einer Gleichsetzung beider geführt haben müsse. Dazu gehört eine Objektivität gegenüber dem eigenen Begehren, die jene angedeuteten Seelenverfassungen gar nicht aufbringen. Der unausgebildete oder befangene Geist tritt von der momentanen Aufgipfelung seiner Interessen nicht so weit zurück, um einen Vergleich anzustellen, er will eben im Augenblick pur das eine, und die Hingabe des anderen wirkt deshalb gar nicht als Abzug von der ersehnten Befriedigung, also gar nicht als Preis. Angesichts der Besinnungslosigkeit, mit der kindliche, unerfahrene, ungestüme Wesen das gerade Begehrte »um jeden Preis« sich aneignen, scheint es mir vielmehr wahrscheinlich, daß das Gleichheitsurteil erst der Erfahrungserfolg soundso vieler, ohne jede Abwägung vollbrachter Besitzwechsel ist. Das ganz einseitige, den Geist ganz okkupierende Begehren muß sich erst durch den Besitz beruhigt haben, um überhaupt andere Objekte zur Vergleichung mit diesem zuzulassen. Der ungeheure Abstand der Betonung, der in dem ungeschulten und unbeherrschten Geist zwischen seinem momentanen Interesse und allen anderen Vorstellungen und Schätzungen besteht, veranlaßt den Tausch, bevor es noch zu einem Urteil über den Wert - d.h. über das Verhältnis verschiedener Begehrungsquanten zueinander - gekommen ist. Daß bei ausgebildeten Wertbegriffen und leidlicher Selbstbeherrschung das Urteil über Wertgleichheit dem Tausch vorangeht, darf über die Wahrscheinlichkeit nicht täuschen, daß hier wie so oft das rationale Verhältnis sich erst aus dem psychologisch umgekehrt verlaufenden entwickelt hat (auch innerhalb der Provinz der Seele ist pros hêmas das letzte, was physei das erste ist), und daß der aus rein subjektiven Impulsen entstandene Besitzwechsel uns dann erst über den relativen Wert der Dinge belehrt hat.

 


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