Die Lust am Gleichnis


Gern hätte ich - auf Grund der psychoanalytischen Beobachtung - über die beim Bilden und beim Anhören treffender Gleichnisse empfundene Lust etwas Neues mitgeteilt. Was ich aber fand, ist nichts als die Anwendbarkeit der Freudschen Theorie vom Witz auch auf diese ästhetische Lustquelle. Dadurch, daß sich die Aufmerksamkeit und mit ihr ein Teil der Zensurfunktion auf die (schon an sich einigermaßen lustvolle) Feststellung der Gleichheiten in scheinbar weit entfernten Dingen konzentriert, werden andere, bisher streng zensurierte Komplexe von dem auf ihnen lastenden Druck befreit, und dieser Ersparnis an Hemmungsaufwand ist die eigentliche Lust (›die Endlust‹) am Gleichnis zuzuschreiben. Die Lust an der Ähnlichkeit (Gleichheit) wäre also mit der durch die Witztechnik entfesselten Vorlust in Analogie zu bringen. Allerdings gibt es eine fortlaufende Reihe von den einfachen Gleichnissen, die gar keine unbewußte Lustquelle entfesseln, bis zu den ›tiefsinnigen‹ und ›witzigen‹ Vergleichen, bei denen die Hauptlust aus dem Unbewußten stammt.  

Die den Gleichnissen eigentümliche Lust am Wiederfinden desselben Dinges in ganz anderem Material ist sicher der Ersparnis an intellektuellem Aufwand an die Seite zu stellen, die die Vorlustwirkung der Witztechnik bewirkt. Möglicherweise steckt aber nebst dieser Wiederholungslust auch eine besondere Wiederfindungslust dahinter.  

Es gibt Menschen, die das Talent haben, auch die leiseste Spur der Ähnlichkeit mit ihren Bekannten in fremden Gesichtern zu entdecken. Es scheint, daß sie sich mit Hilfe des durch die Ähnlichkeit erweckten Bekanntheitsgefühls vor der unangenehmen Wirkung ganz neuer Eindrücke (ganz unbekannter Physiognomien) schützen. Wir merken auch, mit welchem Vergnügen wir eine Stadt, die wir schon kennen, Wiedersehen, während es einer gewissen Zeit (also auch hier der Wiederholung) bedarf, bis sich die Härte ganz neuer Reiseeindrücke verliert. Ich glaube, daß die Dinge, die wir einmal ›geistig einverleibt‹ introjiziert haben, schon hiedurch gleichsam ›geadelt‹, unserer narzißtischen Libido teilhaftig werden. Und in letzter Linie mag das die Ursache des Vergnügens sein, das wir empfinden, wenn wir bei der Gleichnisbildung in einem neuen Eindruck das Altbekannte wiederfinden. Der überaus befremdende Eindruck, den die Psychoanalyse auf die Patienten macht, mag daran schuld gewesen sein, daß manche von ihnen - wie die eingangs mitgeteilten Beispiele zeigen - gleichsam den Zwang haben, diesen Eindruck durch eine ganze Reihe von Gleichnissen zu mildern. Die Tendenz, das Liebgewonnene in allen Dingen der feindlichen Außenwelt wiederzufinden, ist wahrscheinlich auch die Urquelle der Symbolbildung.


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