Aus dem internationalen Antiquariat
Unter diesem Titel gedenken wir, Einiges von dem vielen Merkwürdigen zu veröffentlichen, auf das der Sammler beim Studium der einlaufenden Kataloge zu stoßen pflegt. Natürlich sollen diese Kuriosa nicht rein bibliographischer Art sein. Wir denken an auffallende Buchtitel, Exemplare mit romantischen Provenienzen, verschollene Bücher, die ihre Verfasser das Leben oder die Freiheit gekostet haben, exzentrische »Fortsetzungen« klassischer Werke oder Briefe wie den folgenden. Nämlich:
Ein Dantebrief von 1865
Kein Brief mit Dantes Unterschrift – das kann man billigerweise nicht verlangen. Aber ein Brief mit den Initialen des Dichters, Initialen, von denen man noch dazu mit Sicherheit sagen kann, daß Dante sie sich zu seinen Lebzeiten nicht hätte leisten können. Sie sind nämlich aus seiner Asche.
Das Stück wird von dem bedeutendsten Antiquar Neapels, Gaspare Casella, ausgeboten und von ihm beschrieben wie folgt: »Der Brief stammt von dem berühmten Dante-Forscher Abate Giambattista Giuliani und ist gerichtet an den Kardinal Alfonso Capecelatro, Erzbischof von Capua und Bibliothekar des heiligen Stuhles. Der Brief wurde anläßlich der Festlichkeiten zum sechshundertsten Geburtstage Dantes verfaßt und legt nicht nur beredtes Zeugnis vom Dante-Kult des Schreibers sondern auch von dessen patriotischem Einschlag ab, indem der Preis hier mehr dem Propheten der Einigung Italiens als dem Dichter gilt. Giuliani sah in der Entdeckung der sterblichen Reste Dantes die Weihe des Triumphs von Italien.«
Mit dieser Beschreibung ist, wie uns scheinen will, nicht nur der denkwürdige Brief sondern auch der Stil der Bücherkataloge des neuen Imperium Romanum ein wenig gekennzeichnet.