Kleiner Briefwechsel mit der Steuerbehörde
Berlin, 19. Juli 1931.
An das Finanzamt Wilmersdorf-Süd, Wilmersdorf.
Steuer-Nummer ...
Sehr geehrter Herr,
ich bitte Sie hierdurch dringend um Stundung der bis zum 10. Oktober 1931 ausschließlich zahlbaren Beträge bis zu dem genannten Zeitpunkt. Ich hatte bereits im vorigen Jahre, in dem Sie so freundlich waren, ein entsprechendes Gesuch von mir zu berücksichtigen, Gelegenheit darauf hinzuweisen, daß ich in diesen Monaten so gut wie gar keine Eingänge habe. Dazu kommt, daß eine Erbschaftssteuer in Höhe von ... Mark von mir zu zahlen ist, obwohl es mir bisher, angesichts der Zeitlage, unmöglich gewesen ist, irgendwelche Beträge aus meiner Erbschaft zu realisieren.
Meine Lage ist daher zur Zeit die denkbar schwierigste.
Hochachtungsvoll
Unterschrift.
Finanzamt Wilmersdorf-Süd
Steuer-Nr...
Berlin, 30. Juli 1931.
An Herrn ...
Auf Ihre Zuschrift vom 19.7.31 erwidere ich, daß ich zu meinem Bedauern nicht in der Lage bin, die rückständige Steuer zu stunden bezw. Ratenzahlungen zu gewähren. Zur Vermeidung weiterer Kosten empfehle ich, den Rückstand umgehend zu entrichten.
Im Auftrage
gez. ...
Beglaubigt:
Unterschrift.
Berlin, 11. August 1931.
An das Finanzamt Wilmersdorf-Süd, Wilmersdorf.
Sehr geehrter Herr,
bezugnehmend auf Ihre Zuschrift vom 30. Juli 1931 gestatte ich mir Ihnen mitzuteilen:
Seit der Erfindung der Schreibekunst haben die Bitten viel von ihrer Kraft verloren, die Befehle hingegen gewonnen. Das ist eine böse Bilanz. Geschriebene Bitten sind leichter abgeschlagen und geschriebene Befehle leichter gegeben als mündliche. Zu beiden ist ein Herz erforderlich, das oft fehlt, wenn der Mund der Sprecher sein soll.
Diese Bemerkung von G. Ch. Lichtenberg dürfte für Ihre Behörde um so höheres Interesse besitzen, als sie von einem Steuerdirektor, dem Sohn des Verfassers, vor über 100 Jahren aus seinem Nachlaß zum Druck gegeben wurde.
Hochachtungsvoll
Unterschrift.