Großes Tier
Großes Tier weist Meyer S. 3 als ernsthaft gebrauchtes Scheltwort für einen äußerlich vornehmen und protzenhaften, aber innerlich leeren Gesellen bereits in einem um 1516 verfaßten lateinischen Mahngedicht Kaspar Scheits nach. Ob freilich aus dieser schlagwortartig verwandten „bestia magna“ sich wirklich unser modernes Ironiewort vom „großen Tier“ für einen pomphaft auftretenden Würdenträger oder sonstigen Wichtigtuer entwickelt hat, ist ihm selbst recht zweifelhaft. Mit Recht hält er es für wahrscheinlicher, „dass die letztere Bezeichnung ganz neu geprägt wurde, um die Wichtigtuerei zu ironisieren, mit der gewisse Beamte sich wie ein Schaustück anstarren lassen, und die Liebedienerei, mit der man sich zu ihrem Anblick drängt wie zu dem eines ausländischen Wundergeschöpfes".
Dem 18. Jahrhundert jedenfalls ist das Schlagwort mit dieser Färbung schon ganz geläufig. Vgl. Philanders von der Linde scherzhafte Gedichte (1713):
"Denn wer verdorben ist im Himmel und auf Erden,
Dass Gott und Ehrlichkeit kein Teil mehr an ihm hat,
Der wird bei dieser Welt zum großen Tiere werden,
Wenn er nur Geld erdenckt, und schafft zu Gelde Rat.“
Auch Pfeffel 4, 186 (1792) spottet:
… „Der Sykophant
Schritt zum pathetischen Prologe,
Und ward, wie mancher Demagoge,
Der auch ein großes Tier sich wähnt,
Zuerst beklatscht, zuletzt begähnt!“
Vgl. außerdem Sanders 3, 1312a, welcher einen Beleg aus Gutzkow (1852) gibt.