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Blei

Blei (Plumbum s. Saturnum). Die Bleimittel sind sämtlich mehr oder weniger giftig; sie wirken kontrahierend auf die Faser und betäuben, wie die narkotischen Pflanzengifte. Solche Vergiftungen kommen häufig vor, zumal bei Malern und Anstreichern, welche mit den verschiedenen Bleipräparaten, mit Bleiweiß, roter Mennige, Silberglätte, täglich umgehen. (s. Anhang I. A.). Auch als Haus- und Volksarzneimittel werden solche Bleipräparate häufig in Anwendung gebracht, oft zum großen Schaden des Kranken, oft aber auch zum Nutzen. Wir führen hier Folgendes darüber kürzlich an:

1) Gegen zu häufige nächtliche Pollutionen rät Aurelian ein hartes, kühles Lager bei Nacht, das Schlafen in der Seitenlage, nicht auf dem Rücken, das Bedecken der Kreuzgegend mit einer dünnen Bleiplatte und festes Umlegen eines Fadens um den Mittelfinger an. (S. Osiander a. a. O. S. 401).

2) Fein pulverisiertes Bleiweiß (Cerussa, Plumbum carbonicum) wird als Hausmittel vielfach gebraucht, nämlich: a) gegen das Wundsein kleiner Kinder. Hier ist es aber schädlich; ebenso Bleiwasser und jedes andere Bleimittel; denn es kann das Kind dadurch vergiftet werden, indem die wunde Hautfläche die Einsaugung des Bleis in den Körper sehr begünstigt. Besser und unschädlich ist hier das Verfahren, die wunden Stellen an den Schenkeln, unter den Armen, am Hals, hinter den Ohren u. s. w. sanft mit kaltem Wasser zu waschen, durch Antupfen mit einem feinen leinenen Tuch abzutrocknen, und dann mit sogenanntem Hexenmehlpulver (s. Hexenmehl) zu bestreuen, auch in die wunden Hautfalten fein geschabte Charpie zu legen. Am Ende der Gesichts-, Arm- und Fußrose bleibt oft eine starke Hautröte (im Gesicht an den Stellen, wo man die Blasen öffnete) wochenlang zurück, welche bei jeder heftigen Körper- oder Gemütsbewegung sehr grell hervortritt. Hier bedeckt man den Teil einige Nächte hindurch mit Papier, worin Bleiweis gewickelt war, — ein unschädliches, wirksames Volksmittel in Westfalen. Auch Einreiben von Kampfersalbe vertreibt diese Röte.

3) Das Goulardsche Bleiwasser, Aqua saturnina, Aqua vegeto-mineralis Goulardi, d. i. Bleiessig ein Lot, Regen- oder destilliertes Wasser ein Maß, ist bei frischen Quetschungen des Auges, der Glieder, bei Verbrennungen, frischen Frostbeulen, leichten Hautschrammen, mit Kompressen kalt übergeschlagen, — bei frischen Entzündungen der weiblichen Brust nicht stillender Frauenzimmer, der Leistendrüsen und Testikel — (hier warme Umschläge von Leinsamenmehl mit Bleiwasser) — sehr zu empfehlen. Dagegen schaden alle Bleimittel und daher auch das Bleiwasser bei der Rose, bei Furunkeln, bei vergifteten und allen solchen Wunden, welche eitern müssen, — bei der Entzündung der Ohrspeicheldrüse, bei den meisten chronischen, fast immer von inneren Ursachen (Gicht, Skrofeln, Syphilis u.s.w.) herrührenden Hautausschlägen. Haben sich schwache, alte und sonst durch Nervenfieber, Schwindsucht u. s. w. geschwächte Kranke durchgelegen, so dient eine Mischung aus Bleiwasser einen Teil und Abkochung von Eichenrinde drei Teilen, welche mit Leinwandkompressen aufgelegt wird. Noch wirksamer ist dagegen das Tanninblei (Plumbum tannicum) in Salbenform. Bei eingeklemmten Brüchen hat man nicht allein vom Bleiwasser als Fomentation, sondern auch als Klistier (12 bis 16 Lot Bleiwasser kalt auf ein Klistier), alle zwei Stunden wiederholt, großen Nutzen gesehen. Der Bruch ging, ohne dass das Messer notwendig wurde, darnach von selbst zurück. (S. Berliner Vereinszeitung 1839, Nr. 3).

4) Bleizucker (Saccharum Saturni s. Plumbum acetici) ist zwar in der Lungenschwindsucht und gegen Bluthusten ein sehr wirksames Mittel, doch ist es zu tadeln, wenn Nichtärzte ohne ärztlichen Rat es als Hausmittel, wie dies schon vorgekommen, innerlich verordnen.

5) Bleiweißsalbe (Unguentum Cerussae, Unguentum album simplex). Diese sehr wirksame Salbe ist, als Hausmittel gegen Verbrennungen, zu stark eiternde Wunden und Geschwüre, die nicht unrein sind, unter dem Volk sehr beliebt. Sie wird so bereitet:

Nr. 35. Nimm: gewaschenes Schweineschmalz, vier Lot, Hammeltalg, zwei Lot, nachdem beides am Feuer geschmolzen, werden zwei Lot fein pulverisiertes Bleiweiß allmählich damit vermischt. — Diese Bleiweißsalbe darf nicht mit der Bleisalbe (Unguentum plumbicum s. saturninum, s. Ceratum Saturni) verwechselt werden. Dieses Zerat ist eine sehr gute Heilsalbe, welche aus sechs Lot Bleiessig und drei Pfund Fett besteht.

6) Das einfache Bleipflaster (Emplastrum Lithargyri simplex, s. Emplastrum diachylon simplex) ist gegen Frostbeulen, Verbrennungen und Hühneraugen u. s. w. sehr wirksam. Die Bereitung ist einfach diese:

Nr. 36. Nimm: fein pulverisierte Bleiglätte, fünf Lot, Baumöl, neun Lot, koche beide unter stetem Umrühren und Hinzutröpfeln von warmem Wasser bis zur Pflasterdicke.