Hyperbel. (Redende Künste) Eine rhetorische Figur die man die Vergrößerung nennen könnte, weil sie das, was man ausdrücken will, über die eigentliche Wahrheit vergrößert.
Quis non latino sanguine pinguior Campus sepulchris impia proelia Testatur, auditumque Medis Hesperiæ sonitum ruinæ?1
Es ist kaum eine dem Affekt unterworfene Art der Rede oder des Gedichts, darin die Hyperbel nicht statt habe. Sie reizt die Aufmerksamkeit, durch das Neue, Große und Ungewöhnliche; sie setzt in Affekt, weil sie aus dem Affekt entsteht. Sie kann aber auch zu Verstärkung des Lächerlichen dienen, weil sie lächer lich wird, wenn sie bei geringen Gegenständen gebraucht wird.
Aber die Menge der Hyperbeln, die man hinter einander gebraucht, kann die Rede ganz frostig machen. Sie sind eine Würze, die mit sparsamer Hand einzustreuen ist. Eigentlich tun sie ihre Wirkung nur alsdenn, wenn die Wärme der Empfindung sie gleichsam erpreßt: sie müssen aus dem Herzen und nicht aus dem Verstande kommen; so bald man etwas gesuchtes dabei merkt, werden sie widrig. Diese schlimme Eigenschaft bekommen sie, wenn sie bei unwichtigen Gegenständen gebraucht werden. Es geht aber einigen Hyperbeln, so wie einigen Metaphern. Durch den allgemeinen Gebrauch verlieren sie ihr Eigenschaft und sinken in die Ordnung des gemeinen Ausdrucks herab.
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1 Hor. Od. II. 1.