II. [Unbedingte und bedingte Nachgiebigkeit des Geldbesitzes gegenüber dem Ich]

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Diese eigentümliche Art, in der der Geldbesitz die Erweiterung der Persönlichkeit, wie sie in jedem Besitz liegt, darstellt, findet eine Bestätigung oder Ergänzung in der folgenden Überlegung. Jede Sphäre von Objekten, die ich mit meiner Persönlichkeit erfülle, indem sie meinen Willen sich in ihr ausprägen läßt, fand ihre Grenze an den eigenen Gesetzen der Dinge, die mein Wille nicht brechen kann. Allein diese Grenze setzt nicht nur der passive Widerstand der Objekte, sondern, von der anderen Seite her, die Beschränktheit in der Expansionsfähigkeit des Subjekts. Der Kreis der Objekte, die dem Willen gehorchen, kann so groß sein, daß das Ich seinerseits nicht mehr imstande ist, ihn zu erfüllen. Wenn wir sagen, daß Besitz so viel ist als Freiheit, wenn meine Freiheit, das Sich-Durchsetzen meines Willens, sich nach dem Quantum des mir Gehörenden steigert, so geschieht dies tatsächlich nur bis zu einer gewissen Grenze, von der an das Ich seine potenzielle Herrschaft über die Dinge nicht mehr verwirklichen und genießen kann. Die Habgier kann natürlich über diesen Punkt hinausführen, aber sie offenbart ihre Sinnlosigkeit in der Unbefriedigung, die selbst ihrer Erfüllung eigen ist, ja in der gelegentlichen Bindung und Beengung, mit der das Übermaß des Besitzes in das Gegenteil seines eigentlichen Charakters und Zweckes umschlägt. Das ergibt Erscheinungen, wie die des unfruchtbaren Besitzes, weil die Tätigkeit des Besitzers nicht ausreicht, ihn zu befruchten; des Despoten, der es müde wird, über Sklaven zu herrschen, weil an der unbedingten Unterwerfung unter seinen Willen auch der Wille zur Macht endet und ihm der Reibungswiderstand fehlt, an dem er sich seiner erst eigentlich bewußt wird; des Eigentümers der weder Zeit noch Kraft für den Genuß seines Eigentums übrig hat, weil dessen Verwaltung und Fruktifizierung beide bis zu ihrer äußersten Grenze verbraucht. Die Objekte unterscheiden sich nun an der Frage, welches Quantum von Persönlichkeit sie gleichsam absorbieren, d.h., von welchem Maße an ihr Besitz sinnlos wird, weil nur bis zu diesem noch das Ich imstande ist, ihn mit sich zu erfüllen. Auch hier nimmt das Geld eine besondere Stellung ein. Man kann sagen, daß zu seiner Verwaltung, Beherrschung, Genuß weniger Persönlichkeit eingesetzt zu werden braucht, als anderen Besitzobjekten gegenüber, und daß deshalb das Maß des Besitzes, das man wirklich erfüllen und zur wirtschaftlichen Persönlichkeitssphäre machen kann, ein größeres ist, als bei anderen Besitzformen.
Abgesehen sogar von dem wirklichen Genießen ist in der Regel schon die Begierde nach allen anderen Dingen durch die Aufnahmefähigkeit des Subjektes begrenzt, sowenig die Grenzen beider auch zusammenfallen und in so weitem Kreise die erstere auch die letztere umgeben mag. Das Geld allein enthält - wie früher schon ein anderer Zusammenhang ergab - jenes innere Maß nicht, das sich schließlich auch als Begrenzung der Begierde nach dem Objekt geltend macht. Alles dies ist natürlich um so mehr der Fall, je mehr das Geld wirklich bloßes »Geld« ist, d.h. reines Tauschmittel ohne unmittelbar zu genießenden Eigenwert. Solange als Geld noch Vieh, Eßwaren, Sklaven usw., also eigentlich Konsumwaren, fungieren, bedeutet sein Besitz weniger, daß er ausgedehnte Kaufkraft, als reiche Fülle des eigenen Konsumierens verleiht. Hier sind sozusagen zwei verschiedene Formeln für die Ausdehnung der Persönlichkeit nahegelegt. In dem primitiveren, naturalwirtschaftlichen Fall besteht sie in dem Sich-Aneignen der Objekte durch unmittelbaren Genuß, man könnte sagen: das Ich dehnt sich von seinem Zentrum her kontinuierlich aus - während mittels des abstrakten Metallgeldes oder gar des Kredites diese näheren Stufen gleichgültig und übersprungen werden. Im Gegensatz zu dem »reichen« Manne der Naturalwirtschaft kann der moderne Reiche das bescheidenste, eingeschränkteste, im unmittelbaren Sinne genußloseste Leben führen; man kann z.B. auf kulinarischem Gebiet, wie ich glaube, als Folge der vorschreitenden Geldwirtschaft die zweiseitige Entwicklungstendenz feststellen, daß die Reichen immer einfacher essen - von Festlichkeiten abgesehen - und der Mittelstand immer besser - wenigstens in den Städten. Durch die Fernwirkungen des Geldes kann das Ich seine Macht, seinen Genuß, seinen Willen an entferntesten Objekten ausleben, indem es die nächstgelegenen Schichten vernachlässigt und übergeht, die jener primitivere Reichtum ihm allein zur Verfügung stellt. Die Expansionsfähigkeit des Subjekts, die durch seine Natur selbst beschränkt ist, zeigt dem bloßen Gelde gegenüber eine größere Weite und Freiheit als an jedem anderen Besitz. So ist der Unterschied gegen die vorige Überlegung der: dort war es der eigene Charakter der Dinge selbst, an dem sich die Expansion des Ich brach; hier ist es die eigene Beschränkung der Persönlichkeitskräfte, die selbst bei völliger Nachgiebigkeit der Dinge von einem gewissen Besitzquantum dieser an erlahmen muß, eine Erscheinung, die, wie sich zeigte, am spätesten eintritt, wenn der Besitz nicht die Form spezifischer Objekte, sondern die des Geldes aufweist.
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