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III. [Die Konzentration des Geldverkehrs]

 

Aus all diesem ergibt sich, in wie hohem Maße das Geld die Steigerung des Lebenstempos bezeichnet, wie es sich an der Zahl und Mannigfaltigkeit der einströmenden und einander ablösenden Eindrücke und Anregungen mißt. Die Tendenz des Geldes, zusammenzufließen und sich, wenn auch nicht in der Hand eines Einzelnen, so doch in lokal engbegrenzten Zentren zu akkumulieren, die Interessen der Individuen und damit sie selbst an solchen zusammenzuführen, sie auf einem gemeinsamen Boden in Berührung zu bringen, und so - wie es auch in der von ihm dargestellten Wertform liegt - das Mannigfaltigste in den kleinsten Umfang zu konzentrieren - diese Tendenz und Fähigkeit des Geldes hat den psychischen Erfolg, die Buntheit und Fülle des Lebens, das heißt also sein Tempo zu steigern. Schon sonst ist der Zusammenhang davon betont worden, daß mit dem aufkommenden Kapitalismus in Deutschland - als im 15. Jahrhundert einerseits der Welthandel, andrerseits die Finanzzentren mit dem raschen Umsatz billigen Geldes entstanden - zuerst der moderne Begriff der Zeit durchdrang, als eines durch Brauchbarkeit und Knappheit bestimmten Wertes. Damals begannen die Turmuhren die Viertelstunden zu schlagen, und Sebastian Franck, der mit am frühesten, wenn auch mit am pessimistischsten, die revolutionierende Bedeutung des Geldes eingesehen hat, nennt auch zuerst die Zeit ein teures Gut. Das entschiedenste Symbol für diese ganzen Korrelationen ist die Börse. Hier haben die ökonomischen Werte und Interessen, vollständig auf ihren Geldausdruck reduziert, ihre und ihrer Träger engste lokale Vereinigung erreicht, um damit ihre rascheste Ausgleichung, Verteilung, Abwägung zu gewinnen. Diese doppelte Kondensiertheit: der Werte in die Geldform und des Geldverkehrs in die Börsenform - ermöglicht es, daß die Werte in der kürzesten Zeit durch die größte Zahl von Händen hindurchgejagt werden: an der New Yorker Börse wird jährlich der fünffache Betrag der Baumwollernte in Spekulationen in Baumwolle umgesetzt, und schon 1887 verkaufte diese Börse fünfzigmal das Erträgnis des Jahres in Petroleum: die Häufigkeit der Umsätze steigt in dem Maße, in dem der Kurs eines Wertes schwankt - ja, die Kursschwankungen waren es, die im 16. Jahrhundert überhaupt erst ein regelmäßiges Börsengeschäft in den »Königsbriefen«, den fürstlichen Schuldverschreibungen, entwickelten. Denn mit ihnen, die von dem wechselnden Kredit z.B. der französischen Krone ausgingen, war ein ganz anderer Anstoß zu Kauf und Verkauf gegeben, als bei Stabilität des Wertes bestanden hatte. Die Möglichkeit, die das Geld gewährt, jeden Schätzungswechsel unbedingt nachgiebig auszudrücken, muß diesen selbst unendlich steigern, ja vielfach erzeugen. Und davon ist es nun sowohl Ursache wie Wirkung, daß die Börse, das Zentrum des Geldverkehrs und gleichsam der geometrische Ort all jener Schätzungswechsel, zugleich der Punkt der größten konstitutionellen Aufgeregtheit des Wirtschaftslebens ist: ihr sanguinisch-cholerisches Schwanken zwischen Optimismus und Pessimismus, ihre nervöse Reaktion auf Ponderabilien und Imponderabilien, die Schnelligkeit, mit der jedes den Stand verändernde Moment ergriffen, aber auch wieder vor dem nächsten vergessen wird - alles dies stellt eine extreme Steigerung des Lebenstempos dar, eine fieberhafte Bewegtheit und Zusammendrängung seiner Modifikationen, in der der spezifische Einfluß des Geldes auf den Ablauf des psychischen Lebens seine auffälligste Sichtbarkeit gewinnt.

 


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