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III. [Beharrung und Bewegung als Kategorien des Weltverständnisses, ihre Synthese in dem Relativitätscharakter des Seins, das Geld als historisches Symbol desselben]

 

Für den absoluten Bewegungscharakter der Welt nun gibt es sicher kein deutlicheres Symbol als das Geld. Die Bedeutung des Geldes liegt darin, daß es fortgegeben wird; sobald es ruht, ist es nicht mehr Geld seinem spezifischen Wert und Bedeutung nach. Die Wirkung, die es unter Umständen im ruhenden Zustand ausübt, besteht in einer Antizipation seiner Weiterbewegung. Es ist nichts als der Träger einer Bewegung, in dem eben alles, was nicht Bewegung ist, völlig ausgelöscht ist, es ist sozusagen actus purus; es lebt in kontinuierlicher Selbstentäußerung aus jedem gegebenen Punkt heraus und bildet so den Gegenpol und die direkte Verneinung jedes Fürsichseins.

Aber vielleicht bietet es jener entgegengesetzten Art, die Wirklichkeit zu formulieren, sich nicht weniger als Symbol dar. Das einzelne Geldquantum freilich ist seinem Wesen nach in unablässiger Bewegung; aber gerade nur, weil der von ihm dargestellte Wert sich zu den einzelnen Wertgegenständen verhält, wie das allgemeine Gesetz zu den konkreten Gestaltungen, in denen es sich verwirklicht. Wenn das Gesetz, selbst jenseits aller Bewegungen stehend, doch deren Form und Grund darstellt, so ist der abstrakte Vermögenswert, der nicht in Einzelwerte auseinandergegangen ist und als dessen Träger das Geld subsistiert, gleichsam die Seele und Bestimmung der wirtschaftlichen Bewegungen. Während es als greifbare Einzelheit das flüchtigste Ding der äußerlich- praktischen Welt ist, ist es seinem Inhalte nach das beständigste, es steht als der Indifferenz- und Ausgleichungspunkt zwischen all ihren sonstigen Inhalten, sein ideeller Sinn ist, wie der des Gesetzes, allen. Dingen ihr Maß zu geben, ohne sich selbst an ihnen zu messen, ein Sinn, dessen totale Realisierung freilich erst einer unendlichen Entwicklung gelänge. Es drückt das Verhältnis aus, das zwischen den wirtschaftlichen Gütern besteht und bleibt der Strömung dieser gegenüber so stabil, wie eine Zahlenproportion es gegenüber den vielfachen und wechselnden Gegenständen tut, deren Verhältnis sie angibt, und wie die Formel des Gravitationsgesetzes gegenüber den Materienmassen und ihren unendlich mannigfaltigen Bewegungen. Wie der allgemeine Begriff, in seiner logischen Gültigkeit von der Zahl und Modifikation seiner Verwirklichungen unabhängig, sozusagen das Gesetz eben dieser angibt, so ist das Geld - d.h. derjenige innere Sinn, durch den das einzelne Metall- oder Papierstück zum Gelde wird - der Allgemeinbegriff der Dinge, insofern sie wirtschaftlich sind. Sie brauchen nicht wirtschaftlich zu sein; wenn sie es aber sollen, so können sie es nur so, daß sie sich dem Gesetz des Wert-Werdens fügen, das im Gelde verdichtet ist.

Die Beobachtung, daß dieses eine Gebilde an jenen beiden Grundformen, die Wirklichkeit auszudrücken, gleichmäßig teil hat, gibt auf ihren Zusammenhang Anweisung: ihr Sinn ist tatsächlich ein relativer, d.h. jede findet ihre logische und psychologische Möglichkeit, die Welt zu deuten, an der anderer. Nur weil die Realität sich in absoluter Bewegtheit befindet, hat es einen Sinn, ihr gegenüber das ideelle System zeitlos gültiger Gesetzlichkeiten zu behaupten; umgekehrt: nur weil diese bestehen, ist jener Strom des Daseins überhaupt bezeichenbar und greifbar, statt in ein unqualifizierbares Chaos auseinanderzufallen. Die allgemeine Relativität der Welt, auf den ersten Blick nur auf der einen Seite dieses Gegensatzes heimisch, zieht in Wirklichkeit auch die andere in sich ein und zeigt sich als Herrscherin, wo sie eben nur Partei zu sein schien - wie das Geld über seine Bedeutung als einzelner Wirtschaftswert die höhere baut: den abstrakten Wirtschaftswert überhaupt darzustellen, und beide Funktionen in unlösliche Korrelation, in der keine die erste ist, verschlingt.

Indem hier nun ein Gebilde der historischen Welt das sachliche Verhalten der Dinge symbolisiert, stiftet es zwischen jener und diesem eine besondere Verbindung. Je mehr das Leben der Gesellschaft ein geldwirtschaftliches wird, desto wirksamer und deutlicher prägt sich in dem bewußten Leben der relativistische Charakter des Seins aus, da das Geld nichts anderes ist, als die in einem Sondergebilde verkörperte Relativität der wirtschaftlichen Gegenstände, die ihren Wert bedeutet. Und wie die absolutistische Weltansicht eine bestimmte intellektuelle Entwicklungsstufe darstellte, in Korrelation mit der entsprechenden praktischen, ökonomischen, gefühlsmäßigen Gestaltung der menschlichen Dinge, - so scheint die relativistische das augenblickliche Anpassungsverhältnis unseres Intellekts auszudrücken oder, vielleicht richtiger: zu sein, bestätigt durch das Gegenbild des sozialen und des subjektiven Lebens, das in dem Gelde ebenso den real wirksamen Träger wie das abspiegelnde Symbol seiner Formen und Bewegungen gefunden hat.

 


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