An Nelly und Hugo Keßler
Gestern abend, als ich so saß und las,
Wobei ich zum Spaß die Welt vergaß,
Und wollte nichts sehn und wollte nichts hören —
Natürlich! Da muß mich doch gleich wieder wer stören.
Klirrtirrklingeling! geht die Schelle sehr helle,
Und über die Schwelle tritt der Postbote schnelle
Und verneigt sich tief und hält einen Brief
In seiner Hand. Ich aber rief:
Potz zapperment! Wie erschreckt Ihr mich!
Ich träumte so schön, warum weckt Ihr mich?
Er sprach: Pardon! Es ist meine Pflicht;
Zu meinem Vergnügen tu’ ich es nicht;
Denn wär’ ich, zum Beispiel, ein Millionär,
So lief ich nicht mehr mit Briefen umher.
Gute Nacht! Und träumen Sie bestens weiter!
Damit entfernt er sich mild und heiter. —
— Und als ich den Brief genau besah,
Wie angenehm überrascht war ich da,
Wie freudig rief ich: Ei, ei! Schau, schau!
Der ist fürwahr aus der Wiesenau
Von Nelly und Hugo, diesen zwei Lieben,
Die ihn an ihren Onkel geschrieben.
So wünscht denn der Onkel zunächst von Herzen,
Es möchten verschwinden die Hustenschmerzen,
Damit, wie nach bisherigem Brauch,
Ein jedes gut schlafe und’s Mamachen drum auch.
— Daß ferner die Würste, wovon vor Wochen,
Oder wie lang ist’s her, eine Probe versprochen,
So hier und da und im allgemeinen
Genossen sind und zu gefallen scheinen,
Das freut den Onkel. Dagegen freilich,
Wenn sie einer nicht mag, ist’s auch verzeihlich.
— Das Christkindel aber möge Euch bringen
Die schönsten von allen schönen Dingen,
Und was ihr nur irgend träumt, wünscht oder dächtet,
Daß Ihr es gerne wohl haben möchtet.
— Und komm’ ich mal wieder nach Frankfurt gefahren
In ein, zwei, drei, vier oder hundert Jahren,
Dann wollen wir alle mal wieder sehn,
Was der Bütschli gebacken, und zu ihm gehn.
Grüßt alle herzlich, und vergeßt mir keins,
In Wiesenau 15 und Wiesenau 1;
Und paßt es Euch mal, so schreibt auch mal,
Wie es Euch geht, nach Wiedensahl