Das tote Gretchen
Sieben Rosen, sieben Jahre.
Ach, schon liegst du auf der Bahre.
Kleines Gretchen, bist so weiß
Wie der Schnee und kalt wie Eis.
Schwarze Männer sind gekommen,
Haben dich mit weggenommen,
Decken dich mit kühler Erden,
Sollst ein schöner Engel werden.
Und die Mutter sitzt zu Haus,
Weint sich fast die Augen aus,
Daß ihr süßes Gretchen nun
Muß in kalter Erde ruhn.
Da wird um die Mitternacht
Leis die Türe aufgemacht.
Mit zwei Engelsflügelein
Tritt das Gretchen leis herein:
Mutter, weine doch nicht mehr,
Sieh, wie meine Flügel schwer,
Sind so schwer und ganz durchnäßt,
Weil du nicht das Weinen läßt;
Jede Träne fällt herab
In mein einsam dunkles Grab.
Laß mich da nicht länger liegen
Laß mich doch in’n Himmel fliegen
Zu dem hellen Gotteslicht.
Liebe Mutter, weine nicht! —
Bittend hebt es Hand an Hand,
Blickte dringend und verschwand.
Und die Mutter wurde stille.
Hochgelobt sei Gottes Wille!
Ihre Klage wird Gebet,
Bis sie einst zum Himmel geht,
Wo im schönen Gottesgarten
All die Englein sie erwarten.