Der Geigenseppel
Jaja! sprach meine alte Base
Und kratzte sich bedenklich an der langen Nase.
Jaja! So ist es! — Bei Musik und Tanz,
Da wedelt der Teufel vergnüglich mit dem Schwanz.
Drum geht denn auch bei solchem Teufelsspaß
Ein frommer Christ abseit und denkt sich dies und das
Und freut sich als ein frommer Christ,
Daß der andre allein des Teufels ist. —
Ja, merk nur auf und lache nicht
Und hör vom Geigenseppel die Geschicht:
Der Geigenseppel war ein lustig Haus,
Lebt’ in Saus und Braus, jahrein, jahraus,
Und zog als Spielmann von Ort zu Ort;
Bald geigt’ er hier, bald trank er dort.
So geigt’ er auch einmal beim Kirchweihfest
Von früh bis spät aufs allerbest
Und trank dazu des Weins genug,
Bis daß die Glocke zwölfe schlug;
Nachdem so trank er noch ein Glas
Und zog dann seine Straße fürbaß.
Der Geigenseppel kam alsbald
In einen Wald,
Der war so dicht,
Man sah den Mond und die Sterne nicht;
Auch munkelt man so allerlei,
Daß es da drinnen gar nicht eben geheuer sei.
Ein Weilchen ging nun das Ding recht gut.
Der Geigenseppel trabte mit gutem Mut
Durch dick und dünn, über Stein und Stock;
Hier faßt’ ihn ein dürrer Ast am Rock,
Dort kratzt’ ihn ein Dorn
Und auf einmal — hat er ganz den Weg verlorn:
Das halte der Teufel länger aus!
Da wollt’ ich schon lieber, ich wär’ zu Haus
Oder daß ich ein gutes Wirtshaus fänd’!
Kreuz — Himmel — Teufel — Sapperment!
So fluchte der Geigenseppel und sakramentierte,
Bis ihm ein seltsam Ding passierte. —
Es war ihm auf einmal und kam ihm vor,
Als klänge Musik zu seinem Ohr;
Und als er sich Bahn durch die Zweige brach,
Klang’s näher und näher allgemach
Und klang so fremd und sonderbar,
Und — plötzlich — stand da hell und klar
Ein mächtig großes Schloß im Mondenschein. —
Hei! dachte der Geigenseppel, da geh’ ich hinein,
Denn da drinnen, scheint mir, geht’s lustig her. —
Gedacht, getan; er quält sich nicht sehr,
Er tritt durch das Tor, er schlüpft in den Saal;
Da brannten die Kerzen, wohl tausend an der Zahl.
Potz Blitz! War das eine Pracht!
Alles und alles war aus purem Gold gemacht.
Aber am meisten täten ihn doch erbauen
Die vielen wunderschönen Frauen,
Die gar so seltsam und wild und eigen
Hinauf und hinunter sich schwangen im Reigen,
Derweilen sieben alte schwarze Katzen
Die Geigen strichen mit den Tatzen.
Hu, war das ein Gekratz und ein Gequiek!
Eine wahre Teufelskatzenmusik!
Dem Geigenseppel wurden die Ohren lang.
Er sehnte sich nach einem guten Trank
Und blickte verstohlen hin und her,
Ob da nicht irgendwo etwas zu trinken wär’.
Da trat zu ihm eine Frau gar hold,
Die reicht’ ihm einen Becher von Gold,
Gefüllt zum Rand mit rotem Wein;
Sie lacht’ ihn an, sie grüßt’ ihn fein.
Und sprach: Ei Geigenseppel, bist auch hier?
Da trink und spiel uns ein lustig Stücklein für! —
Der Geigenseppel, gar nicht blöd,
Alsbald den Becher leeren tät;
Und schob ihn dann, als müßt’ es grad so sein,
Gemächlich in seinen Ranzen hinein. —
Nachdem als zu End der Katzenchor,
Zog der Geigenseppel seine Geige hervor.
Juchhei, wie flogen so lustig und munter
Die Tänzer im Saale hinauf und hinunter,
Hinauf und hinunter im wogenden Reigen,
Sie tanzten so seltsam, so wild und so eigen!
Da tat der Geigenseppel den letzten Strich. —
Und wieder trat zu ihm und verneigte sich
Die schöne Frau und reicht’ ihm dar
Eine Geige, die ganz von blankem Golde war:
Die Geige von Gold, so sprach sie, schenk’ ich dir,
Spielst du uns noch ein lustig Stücklein für. —
Der Geigenseppel bedacht’ sich nicht eben lang,
Er nahm die Geige von Golde blank,
Die alte aber warf er keck
Beiseit ins Eck.
Ei, wie das klang,
Als der Geigenseppel jetzt den Bogen schwang,
So wild, so zaubervoll,
Die Tänzer rasten dahin wie toll;
Und als er den letzten Strich getan,
Sah wieder ihn die schöne Frau so schmachtend an
Und sprach: Was du begehrst, ich gewähr’ es dir,
Spielst du uns noch ein lustig Stücklein für. —
Gern, rief er, geigt’ ich bis zum Morgenschein,
Dürft’ ich, du Holde, dann dein Liebster sein! —
Sie reicht’ ihm ihre Hand, sie nickt’ ihm zu —
Da war’s geschehn um seines Herzens Ruh.
Wild und immer wilder strich er seine Geigen,
Die Tänzer, sie flogen im wogenden Reigen;
Die Augen verglühten, die Wangen verblaßten,
Doch immer noch wollten die Tänzer nicht rasten;
Schon flimmern die Kerzen matt und flau,
Schon scheint durch die Fenster der Morgen grau —
Da hörte man von ferne die Hähne krähn.
Und wie die Nebel vor dem Morgenwind verwehn,
So war zerstoben und verpufft —
Husch, husch! — zu lauter Nebelduft
Das ganze lustige Hexengesindel. —
Den Geigenseppel packte der Schwindel,
Und eh’ er’s versah,
Lag er rücklings am Boden da. —
Es war am Morgen, die Luft war grau und trüb,
Als sich der Geigenseppel die Augen rieb;
Und da — o weh! — kam’s an den Tag,
Daß er unter dem hellichten Galgen lag. —
Die ganze Herrlichkeit, die kehrte sich in Verdruß;
Der Becher war ein alter Pferdefuß,
Und statt der Geigen, von Golde ganz,
Hielt er eine tote Katze am Schwanz;
Und als er endlich mit Weh und Ach
Hinunter ins Städtlein hinkte allgemach,
Da schaut’ gleich aus dem ersten Haus
Ein ururaltes Weib heraus,
Die rief: Ho, Geigenseppel, wohin, woher?
Kennst du dein Liebchen von heut nacht nicht mehr!
Hoho, du Falscher! Ist das der Brauch?
Du versprachst, mich zu lieben, nun halt es auch! —
Der Geigenseppel aber hat sich schnell beiseite gedruckt
Und dreimal herzhaft ausgespuckt. —
Da sieht nun jeder wohl ganz klar,
Daß hier der Teufel im Spiele war.
Drum hüte dich!
So sprach meine alte Base — und schneuzte sich.