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Lorenz Gedon

† 27. Dezember 1883

So kernig schienst du uns, so wetterhart,
Ein köstlich Bild urfrischer Gegenwart;
Ein Baum, an Stamm und Wurzel unbewegt,
Ob auch der Sturm in seinen Wipfel schlägt;
Und schon, da kaum dein goldner Herbst die Welt
Zur Ernte lud, hat dich der Tod gefällt.
Die Schlange, die sich durch die Zeiten schlingt,
Vieltausendfach der Menschheit Leib umringt,
Die stets beneidet, was zu leben wagt,
Grausam hat sie auch deine Kraft zernagt.

Du warst ein rechter Sohn vergangner Zeit,
Der Liebling aller Kunst und Herrlichkeit;
Und dankbar nahmst du, was die Mutter dir
Als Erbteil hinterließ zu Schmuck und Zier,
Der Mitwelt und der Nachwelt edles Gut,
Mit sorgsam kluger Hand in sichre Hut.

Schatzmeister warst du in der Schönheit Reich,
Doch Kenner auch und Könner allzugleich.
Das feine kunstvoll reizende Gerät,
Das Menschenbild in stolzer Majestät,
Den Prachtpalast, den feierlichen Saal,
Aufstrebend kühn zum höchsten Ideal,
Von dir erdacht, gebildet und erbaut,
Wie froh bewundernd haben wir’s geschaut!

Wie oft hast du die festlich heitre Nacht
Verschönt durch der Erfindung Zaubermacht,
Wenn dein Genie den altgewohnten Raum
Der Wirklichkeit entrückt zum holden Traum,
Wenn du die Halle formenreich geschmückt
Und glücklich warst, weil andre du beglückt!
Denn brüderlich und fest und liebewarm
Umschlang die Gegenwart dein starker Arm.

Voll Mut, voll Ungestüm, doch zart gesinnt,
Im Ernst ein Mann, in Fröhlichkeit ein Kind,
Der raschen Tat geneigt, des Redens Feind,
Ein glühend Herz warst du, ein treuer Freund,
Dazu ein wackrer Zecher, deutsch und echt.
Heil jeder Stunde, die ich mit dir verzecht!

Im alten Teutoburger Walde sahn
Wir uns zuletzt. Ich ging mit dir zur Bahn.
Du sprachst: „Auf Wiedersehn!“ — Fort rollt’ der Zug,
Der dich für ewig in die Ferne trug.
Ach, liebster Freund, ein Teil von meinem Glück
Nahmst du mit fort und kehrst nie mehr zurück!