Schutz- und Heilmittel gegen Skorbut
Außerdem hat Osiander, welcher 53 Schutz- und Heilmittel gegen den Skorbut aufzählt, noch folgende, welche nach der Erfahrung gleichfalls sehr wirksam sind:
1) Gutes Bier, Porterbier, Braunschweiger Mumme, der säuerlich schmeckende, aus Mehl von nicht ganz gekeimtem Roggen und heißem Wasser bereitete Quas der Russen, besonders aber das Fichtenbier (Spruce beer). Ellis (Reise nach Hudsons-Meerbusen. 1750. S. 224) sagt: „Die Engländer, welche beständig hier wohnen, sind dem Skorbut wenig oder gar nicht unterworfen. Dies schreiben sie dem beständigen Gebrauche des Fichtenbieres zu. Sie bereiten es auf folgende Weise: Sie kochen die Spitzen von amerikanischen Fichten, oder, in deren Ermangelung, von kleinen Tannen so lange in Wasser, bis dieselben gelb werden und die Rinde abgeht. Sodann nehmen sie solche aus dem Wasser und tun zu ungefähr vier Maß des gekochten Wassers ein halbes Nösel Sirup. Mit diesem wird es noch einmal gekocht, bis sich ein Schaum darauf setzt, und dann in ein Fass gegossen, worin zuvor etwas kaltes Wasser getan wird. Ist dies voll, so feuern sie eine Flinte in das Spundloch ab, wodurch die Gärung befördert wird. Innerhalb 24 Stunden ist der Trank fertig. Das englische Porterbier lobt Percival gegen die ermattenden Schweiße hektischer Personen; ich habe es abgemagerten, an englischer Krankheit und Darrsucht leidenden Kindern, sowie hysterischen Frauen mit hoher Reizbarkeit des Magens Esslöffelweise mit Erfolg nehmen lassen.
2) Thilesius nennt das kohlensaure Gas oder die Gärungsluft gleichfalls ein herrliches Mittel gegen den Skorbut, das er auf Krusensterns Reise kennen lernte. Er rät daher, trockenes Malz auf weiten Seereisen mitzunehmen, um Bier unterwegs zu brauen.
3) Ein russisches Volksmittel ist noch der Saft aus zerriebenen Rettichen, Esslöffelweise genommen.
4) Famos ist das frische Löffelkraut (Cochlearia officinalis), was roh oder als Kohlsuppe genossen, den Skorbut sowohl verhütet als heilt. Man kann auch eine Handvoll des frischen Krautes mit einem Schoppen heißer Bouillon übergießen und Morgens trinken.
5) Die russischen Robbenjäger bekommen, wenn sie ausziehen, als Mittel gegen den Skorbut Meerrettich, Pfeffer, Moltebeeren und Essig mit. Auch trinken sie einen Tee aus spanischem Pfeffer (Piper hispanicum, von Capsicum annuum Lin.) mit kochendem Wasser infundiert, und Honig zugesetzt.
6) Das National-Scharbockmittel der Polen ist, nach Neumann (Berliner medic. Zeitung 1832, S. 278), der „Barsez“ aus zerriebenen roten- oder auch Runkelrüben, die man an einem warmen Ort in Gärung setzt. Dadurch entwickelt sich eine rote, höchst angenehm schmeckende Flüssigkeit, mit der man Gemüse, Suppen u. s. w. würzen kann.
7) In Nordamerika rühmt man gegen Skorbut das auch in der Gicht, gegen Krätze, Flechten, Krebsgeschwüre u. s. w. sehr wirksame, Schweiß und Harn betätigende Teerwasser (Aqua picea seu Thaedae.) Man gibt auf ein Pfund Teer vier Pfund Flusswasser, welches öfters gerüttelt, geschüttelt und mit einem Holzspan umgerührt, und nach zwei bis drei Tagen die klare goldgelbe Flüssigkeit abgegossen und dekantiert wird. Man trinkt davon drei- bis sechsmal täglich eine halbe bis ganze Obertasse voll mit etwas Milch oder auch Wein.
8) Das Tabakkauen oder Priemen (holländ. Pruyntje) halten die holländischen Matrosen für ein sicheres Schutzmittel gegen den Scharbock; dagegen lobt das französische Landvolk überzuckerte Wacholderbeeren bei skorbutischer Anlage zu essen, oder auch Fliedermus mit spanischem Wein zu trinken, oder auch mehrere mal gebackenen und dadurch hart und dauerhaft gewordenen Honigkuchen, worin viel Gewürz gemischt, auf Seereisen mitzunehmen und davon täglich zu gemessen. (S. Diction. des sc. medic. T. 39 p. 86).