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II. [Psychologische Folgen der teleologischen Stellung des Geldes: Geldgier, Geiz, Verschwendung, asketische Armut, moderner Zynismus, Blasiertheit]

 

Die Sicherheit der Befriedigung steigert sich hier noch durch die Besonderheit des Verhältnisses zwischen Wunsch und Erfüllung, die das Geld gegenüber den übrigen Gegenständen unseres Interesses besitzt. Die subjektiven Folgen eines erreichten Wunsches bilden keineswegs immer das genaue Komplement des Entbehrungszustandes, der ihn entstehen ließ. Das Entbehren eines Gegenstandes ist nicht wie ein Loch, das sein Besitz genau ausfüllte, so daß nun alles wäre wie vor dem Wunsch. So stellt es freilich Schopenhauer dar, für den deshalb alle Beglückung nur etwas Negatives ist, nur die Beseitigung des Schmerzzustandes, den die Entbehrung uns bereitet hat. Wenn man aber das Glück als etwas Positives gelten läßt, so ist doch die Erreichung unserer Wünsche nicht, nur das Aufheben eines negativen Zustandes durch den genau entsprechenden positiven, vermehrt um ein mitschwebendes Glücksgefühl. Vielmehr, das Verhältnis des Wunsches zu seiner Erfüllung ist ein unendlich mannigfaltiges, weil der Wunsch fast nie alle Seiten des Gegenstandes, d.h. seiner Wirkung auf uns berücksichtigt. An seiner Wirklichkeit haben wir fast niemals das, was er uns unter der Kategorie der Möglichkeit, des Habenwollens, bedeutete. Die triviale Weisheit hat recht, daß der Besitz des Gewollten uns in der Regel enttäuscht, und zwar nach der guten wie nach der schlimmen Seite, wie auch so, daß das Anderssein des Habens nur als ein tatsächliches, aber von keinem Gefühl begleitetes bewußt wird. Das Geld indes nimmt hier eine Sonderstellung ein: Einerseits treibt es freilich jene Inkommensurabilität zwischen dem Wunsch und seinem Objekt auf den Gipfel. Die Bestrebung, die sich zunächst auf das Geld gerichtet hat, findet an ihm nur ein ganz bestimmungsloses Etwas, von dem ein Begehren, so lange es rationell ist, absolut nicht befriedigt werden kann, und das sich seinem völlig leeren Wesen nach jedem eigentlichen Verhältnis zu uns entzieht; wenn der Wunsch also nicht darüber hinaus zu einem konkreten Ziel schreitet, so muß eine tödliche Enttäuschung eintreten; wie sie denn auch unzählige Male da erfahren wird, wo der leidenschaftlich und als fraglose Beglückung ersehnte Geldreichtum sich nach seiner Erreichung als das enthüllt, was er wirklich ist: als ein bloßes Mittel, dessen, Hinaufschraubung zu einem Endzweck seine Erreichung nicht überstehen konnte. Während hier also die fürchterlichste Diskrepanz zwischen Wunsch und Erfüllung besteht, findet genau das Umgekehrte statt, sobald der psychologische Endzweckcharakter des Geldes sich für die Dauer gefestigt hat und die Geldgier also ein chronischer Zustand geworden ist. In diesem Fall nämlich, wo die begehrte Sache überhaupt nichts gewähren soll als ihren Besitz, und wo diese Beschränkung des Wunsches nicht nur eine vorübergehende Selbsttäuschung ist, da ist auch jeder Enttäuschung vorgebeugt. Alle Dinge, die wir sonst zu besitzen begehren, sollen uns doch mit ihrem Besitz etwas leisten, und in der unzulänglichen Vorberechnung dieser Leistung liegt die ganze, oft tragische, oft humoristische Inkommensurabilität zwischen Wunsch und Erfüllung, von der ich eben sprach. Das Geld aber soll dem Geizhals von vornherein nichts über seinen bloßen Besitz hinaus leisten. Das Geld als solches kennen wir genauer, als wir irgendeinen Gegenstand sonst kennen; weil nämlich überhaupt nichts an ihm zu kennen ist, so kann es uns auch nichts verbergen. Als absolut qualitätloses Ding kann es nicht, was doch sonst das armseligste Objekt kann: Überraschungen oder Enttäuschungen in seinem Schöße bergen. Wer also wirklich und definitiv nur Geld will, ist vor diesen absolut sicher. Die allgemeine menschliche Unzulänglichkeit, daß das Gewonnene anders aussieht als das Ersehnte, erreicht einerseits ihren Gipfel in der Geldgier, sobald diese das Zweckbewußtsein pur in illusionärer und nicht haltbarer Weise erfüllt; sie ist aber andrerseits völlig ausgelöscht, sobald der Wille wirklich definitiv am Geldbesitz haltmacht. Wenn man die menschlichen Lose in das Schema der Verhältnisse zwischen dem Wunsch und seinem Gegenstand fassen will, so muß man sagen, daß je nach dem Haltpunkt der Zweckreihe das Geld zwar der inadäquateste, aber auch der adäquateste Gegenstand unseres Begehrens ist.

 


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