II. [Die Arbeitsteilung als Ursache für das Auseinandertreten der subjektiven und der objektiven Kultur]

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Wenn so die Arbeitsteilung - die ich hier in ihrem, weitesten Sinne, die Produktionsteilung wie die Arbeitszerlegung wie die Spezialisation einschließend verstehe - die schaffende Persönlichkeit von dem geschaffenen Werk abtrennt und dies letztere eine objektive Selbständigkeit gewinnen läßt, so stellt sich Verwandtes in dem Verhältnis der arbeitsteiligen Produktion zum Konsumenten ein. Hier handelt es sich um die Herleitung innerer Folgen aus allbekannten äußeren Tatsachen. Die Kundenarbeit, die das mittelalterliche Handwerk beherrschte und erst im: letzten Jahrhundert ihren rapidesten Rückgang erfahren hat, beließ dem Konsumenten ein persönliches Verhältnis zur Ware: da sie speziell für ihn bereitet war, sozusagen eine Wechselwirkung zwischen ihm und dem Produzenten darstellte, so gehörte sie, in einigermaßen ähnlicher Weise wie diesem, innerlich auch ihm zu. Wie man den schneidenden Gegensatz von Subjekt und Objekt in der Theorie dadurch versöhnt hat, daß man dieses in jenem als seine Vorstellung bestehen ließ, so kommt der gleiche Gegensatz in der Praxis nicht zur Entfaltung, solange das Objekt entweder nur durch ein Subjekt, oder um eines Subjektes willen entsteht. Indem die Arbeitsteilung die Kundenproduktion zerstört - schon weil der Abnehmer sich wohl mit einem Produzenten, aber nicht mit einem Dutzend Teilarbeiter in Verbindung setzen kann - verschwindet die subjektive Färbung des Produkts auch nach der Seite des Konsumenten hin, denn es entsteht nun unabhängig von ihm, die Ware ist nun eine objektive Gegebenheit, an die er von außen herantritt und die ihr Dasein und Sosein ihm gleichsam als etwas Autonomes gegenüberstellt. Der Unterschied z.B. zwischen dem modernen, auf die äußerste Spezialisierung gebauten Kleidermagazin und der Arbeit des Schneiders, den man ins Haus nahm, charakterisiert aufs schärfste die gewachsene Objektivität des wirtschaftlichen Kosmos, seine überpersönliche Selbständigkeit im Verhältnis zum konsumierenden Subjekt, mit dem er ursprünglich verwachsen war. Man hat hervorgehoben, daß mit der Zerspaltung der Arbeit in immer speziellere Teilleistungen die Tauschverhältnisse immer vielgliedriger, vermittelter werden und damit die Wirtschaft immer mehr Beziehungen und Obligationen enthalten müsse, die nicht unmittelbar gegenseitig sind. Es liegt auf der Hand, wie sehr der Gesamtcharakter des Verkehrs damit objektiviert ist, wie die Subjektivität sich brechen, in kühle Reserviertheit und anonyme Objektivität übergehen muß, wenn zwischen den Produzenten und den, der sein Produkt aufnimmt, sich so und so viele Zwischeninstanzen schieben, die den einen ganz aus dem Blickkreise des anderen rücken.
Mit dieser dem Abnehmer gegenüber bestehenden Autonomie der Produktion hängt eine Erscheinung der Arbeitsteilung zusammen, die jetzt ebenso alltäglich, wie in ihrer Bedeutung wenig erkannt ist. Von den früheren Gestaltungen der Produktion her herrscht im ganzen die einfache Vorstellung, daß die niederen Schichten der Gesellschaft für die höheren arbeiten; daß die Pflanzen vom Boden, die Tiere von den Pflanzen, der Mensch von den Tieren lebt, das wiederhole sich, mit moralischem Recht oder Unrecht, im Bau der Gesellschaft: je höher die Individuen sozial und geistig stehen, desto mehr gründet sich ihre Existenz auf die Arbeit der tieferstehenden, die sie ihrerseits nicht mit Arbeit für diese, sondern nur mit Geld vergelten. Diese Vorstellung ist nun ganz unzutreffend, seit die Bedürfnisse der unteren Massen durch den Großbetrieb gedeckt werden, der unzählige wissenschaftliche, technische, organisatorische Energien oberster Stufen in seinen Dienst gestellt hat. Der große Chemiker, der in seinem Laboratorium über Darstellung der Teerfarben sinnt, arbeitet für die Bäuerin, die beim Krämer sich das bunteste Halstuch aussucht; wenn der Großkaufmann in weltumspannenden Spekulationen amerikanisches Getreide in Deutschland importiert, so ist er der Diener des ärmsten Proletariers; der Betrieb einer Baumwollspinnierei, in der Intelligenzen hohen Ranges tätig sind, ist von Abnehmern in der tiefsten sozialen Schicht abhängig. Diese Rückläufigkeit der Dienste, in der die niederen Klassen die Arbeit der höheren für sich kaufen, liegt jetzt schon in unzählbaren, unser ganzes Kulturleben bestimmenden Beispielen vor. Möglich aber ist diese Erscheinung nur durch die Objektivierung, die die Produktion sowohl dem produzierenden wie dem konsumierenden Subjekt gegenüber ergriffen hat und durch die sie jenseits der sozialen oder sonstigen Unterschiede dieser beiden steht. Dies Indienstnehmen der höchsten Kulturproduzenten seitens der niedrigststehenden Konsumenten bedeutet eben, daß kein Verhältnis zwischen ihnen besteht, sondern daß ein Objekt zwischen sie geschoben ist, an dessen einer Seite gleichsam die Einen arbeiten, während die Anderen von der anderen her es konsumieren, und das beide trennt, indem es sie verbindet. Die Grundtatsache selbst ist ersichtlich eine Arbeitsteilung: die Technik der Produktion ist so spezialisiert, daß die Handhabung ihrer verschiedenen Teile nicht nur an immer mehr, sondern auch an immer verschiedenere Personen übergeht - bis es eben schließlich dahin kommt, daß ein Teil der Arbeit an den niedrigsten Bedürfnisartikeln von den höchststehenden Individuen geleistet wird, gerade wie umgekehrt, in ganz entsprechender Objektivierung, die maschinentechnische Arbeitszerlegung bewirkt, daß an den raffiniertesten Produkten der höchsten Kultur die rohesten Hände mitarbeiten (man denke etwa an eine heutige Druckerei im Unterschied gegen die Herstellung der Bücher vor Erfindung der Buchdruckerkunst!). An dieser Umkehrung des für typisch geltenden Verhältnisses zwischen oberen und tieferen Gesellschaftsschichten tritt also aufs klarste heraus: die Arbeitsteilung bewirkt, daß jene für diese arbeiten, die Form aber, in der dies allein geschehen kann, ist das völlige Objektivwerden der Produktionsleistung selbst, sowohl den einen wie den anderen als Subjekten gegenüber. Jene Umkehrung ist nichts als eine äußerste Konsequenz des Zusammenhanges, der zwischen der Arbeitsteilung und der Objektivierung der Kulturinhalte besteht.
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