Termingeschäfte in Produkten

 

So entwickelt sich unter dem Einfluß der verschiedensten Interessen und Erwartungen der Beteiligten (A, B, C, D, E) eine Serie von Verkäufen und Käufen, von denen einer immer an den andern sich anschließt. Nun wird es Oktober und eines Tages trifft das von A gekaufte Quantum Weizen ein. A »kündigt« darauf dasselbe zur Abnahme dem B mittels Zustellung einer kurzen, auf einem allgemein festgesetzten Formular, dem »Kündigungsschein« erfolgenden Benachrichtigung an. B kündigt durch Weitergabe des Scheins, den er unterschreibt, an C, C an D weiter und dieser benachrichtigt seinen Auftraggeber E, daß das Quantum an ihn, den Kommissionär, gekündigt sei und zur Ablieferung gelangen werde. Unter den vier an der Börse anwesenden Interessenten A, B, C, D – es können unter Umständen 20 und mehr Personen sein, durch deren Hände der Kündigungsschein läuft – pflegt man nun aber die Abwickelung dieser Engagementsreihe dahin zu vereinfachen, daß man 1. an Stelle der – in unserm Beispiel – dreimaligen Uebergabe effektiver Ware von A an B, dann an C, dann an D, die Lieferung von A, dem »letzten Verkäufer« direkt an D, den »letzten Käufer«, setzt, A also an denjenigen liefert, welcher den Kündigungsschein schließlich, da er die Ware nicht weiter verkaufte, behalten hat, und daß man 2. ebenso die – in unserm Beispiel – dreimalige Zahlung: 150000 Mark von B an A, 151000 Mk. von C an B, 149000 Mk. von D an C, möglichst zu ersparen sucht. Zu diesem letzteren Zweck pflegt man an den Börsen für die einzelnen auf Termin gehandelten Produktensorten täglich einen sogenannten »Abrechnungskurs« oder »Kündigungspreis« festzustellen, ungefähr in der Höhe der durchschnittlich an dem betreffenden Tage für das Produkt gezahlten Preise. Dieser wird von dem »letzten Käufer« (D) an den »letzten Verkäufer« (A) bei Abnahme der Ware bezahlt, und die sämtlichen an der betreffenden Kündigungsreihe Beteiligten gleichen dann untereinander die Unterschiede zwischen dem Preis, zu dem sie ge- resp. verkauft haben und dem Abrechnungskurs aus. Nehmen wir z.B. an, in unserm Fall erfolgte die Abwicklung am 11. Oktober und an diesem Tage habe der damit beauftragte Börsenbeamte als Kündigungspreis auf Grund der Beobachtung der an diesem Tage geschlossenen Lokogeschäfte über Weizen der betreffenden Qualität 152 Mark pro Tonne festgestellt, so geschieht die Abwicklung folgendermaßen: A liefert die 1000 Tonnen statt an B an D und erhält von diesem 152000 Mark bezahlt. Er hat damit 2000 Mark, die Differenz zwischen 152000 und 150000 Mark mehr erhalten als B ihm versprochen hatte, und hat daher diesen Betrag an B herauszuzahlen. D seinerseits hat 3000 Mark, die Differenz zwischen 152000 und 149000 Mark, mehr an A gezahlt, als er dem C zu zahlen schuldig ist. Er erhält diese 3000 Mark von C erstattet. Damit sind A und D zu dem ihrigen gelangt. B hatte an C zu 151 per Tonne verkauft, der Abrechnungskurs beträgt 152, also zahlt er an C pro Tonne 1 Mark, zusammen also 1000 Mark heraus. Damit hat B, der für 150000 Mark gekauft, für 151000 Mark verkauft, also 1000 Mark gewonnen hatte, 2000 von A an ihn gezahlte Mark abzüglich 1000 von ihm an C weitergezahlte Mark, also, wie ihm zukam, 1000 Mark als Ergebnis erhalten; C, der für 151000 Mark gekauft und für 149000 Mark verkauft, also 2000 Mark verloren hatte, hat 3000 Mark an D gezahlt, 1000 von B erhalten, also verbleiben für ihn, seinem Anspruch gemäß, 2000 Mark Verlust. Der Kommissionär D seinerseits erhält von seinem Auftraggeber, dem Müller E, die 149000 Mark gegen Lieferung der Ware erstattet und dazu die ihm versprochene Provision für seine Bemühung. Wie man sieht, dient in unserm Beispiel das eine Quantum der 1000 Tonnen zur Abwicklung von drei Terminengagements über je 1000 Tonnen, und werden durch die eine Zahlung des Kündigungspreisbetrages von 152000 und die drei Differenzzahlungen von 2000, 3000 und 1000 Mark, Kaufschulden von 150000, 151000, 149000 Mark getilgt. Da nun derselbe. Kündigungsschein häufig durch sehr viel mehr Hände geht, als in unserm Beispiel, und da die Geldschulden in einer sehr großen Zahl von Fällen nicht durch Hingabe von Geldmünzen, sondern durch Umschreibung in den Büchern großer Banken, bei denen die betreffenden Händler ein Guthaben (Konto) besitzen, von einem Konto auf das andre erfolgen, so ist die Ersparnis von »effektiver« Ware und barem Geld eine sehr bedeutende.

 


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Seite zuletzt aktualisiert: 27.10.2004 
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