»Jobber« und Courtage
Der Übergang zum »reinen«, auf den nackten Differenzgewinn abzielenden »Jobber«geschäft ist ein allmählicher und unmerklicher. Dies um so mehr, als auch der reine gewerbsmäßige Terminkauf und -verkauf nur um des Differenzgewinnes halber anknüpft an eine Funktion, die dem Börsenhandel seit alter Zeit unentbehrlich gewesen ist: die Makelei. Von der Stellung des Maklers haben wir früher gesprochen. Sie ist im Wesen dieselbe geblieben, aber die Art ihrer Ausübung hat sich tiefgreifend geändert. Der Makler der Vergangenheit war ein Mann, der nach erhaltenem Auftrag einen Partner suchte, der auf die Bedingungen des Auftraggebers einzugehen bereit war, dann die Parteien zusammenbrachte und nach geschlossenem Vertrag die »Schlußnoten« darüber ausstellte und gegen deren Aushändigung die »Courtage« empfing. Einen solchen Makler kann der heutige spekulative Verkehr nicht mehr brauchen. Der Preis, zu dem auf dem Markte die Ware, um die es sich handelt, zu kaufen oder zu verkaufen ist, ändert sich oft in wenigen Minuten. Die Zeit ist kostbarer geworden im Verkehr, und der Auftraggeber, der um 12 Uhr 15 Minuten den Makler um Besorgung des Verkaufes von 100000 Rubeln per ultimo zum Kurse von 211 Mark pro 100 Rubel ersucht, kann sich nicht darauf einlassen, daß der Makler ihm verspricht, etwa in zwei Stunden Nachricht zu geben, ob er zu diesem Preise einen Abnehmer gefunden habe, denn in diesen Stunden kann sich alles geändert haben. Er verlangt vielmehr von dem Makler, der ja den Markt kennen muß, daß dieser ihm sofort sagt, ob er die Rubel zu diesem Preis unterbringen werde oder nicht. Will der Makler den Verdienst nicht verlieren, so muß er sich alsbald erklären: er übernimmt also, wenn er meint, daß der verlangte Preis zu erzielen ist, den Posten fest zu dem betreffenden Preise unter »Vorbehalt der Aufgabe« und sucht nun einen Partner dazu, den er alsdann seinem Auftraggeber anzeigt (»aufgibt«). Findet er einmal keinen zu dem betreffenden Preise, sondern nur zu einem niedrigeren, so muß er wohl oder übel den Fehlbetrag selbst zuschießen. Er sieht deshalb nicht ein, warum er nicht, wenn es ihm ungekehrt gelingt, einen Partner zu einem dem Auftraggeber günstigeren (in unserem Falle höheren) Preis zu finden, als sein Auftrag lautete, den Unterschied für sich behalten soll, und so entwickelt sich aus diesen eben geschilderten »Aufgabemaklern« ganz natürlich der Stand der »Propermakler« heraus, – Makler, welche überhaupt nicht mehr zwischen zwei Parteien einen Vertragsabschluß vermitteln, sondern selbst von der einen Seite kaufen und nach der andern Seite verkaufen, und in der Differenz der beiden Preise statt wie einst in der »Courtage« ihren Verdienst suchen. In London sagt ein solcher Propermakler jedem, der ihn darnach fragt, zu welchem Preise er in dem betreffenden Moment kauft und zu welchem er verkauft. Seine Kunst ist, die beiden Preise auf Grund genauer Kenntnis der Marktlage möglichst so zu stellen, daß er das, was er von der einen Seite zu dem einen kauft, schleunigst nach der andern zu dem andern wieder los wird und umgekehrt, was natürlich nicht immer gelingt. Nur weil die Eigenart des Geschäfts dieser sogenannten Propermakler darin besteht, daß sie möglichst nur Engagements übernehmen, die sie nach der andern Seite alsbald weiter geben können, – daß sie also, ökonomisch berechnet, eben nur zwischen dem gegenwärtigen Angebot und der gegenwärtigen Nachfrage »vermitteln«, nicht auf Kursgewinn durch künftige Veränderung des Angebotes und der Nachfrage »spekulieren«, pflegt man sie noch »Makler« zu nennen und unterscheidet sie von den »Spekulanten« im eigentlichen Sinne des Wortes. Natürlich aber geht beides ineinander über, niemand kann den »Propermakler« hindern, eben doch zu »spekulieren«, und er tut es je nach Gelegenheit. Wo die auch für den heutigen Verkehr meist unentbehrliche Maklertätigkeit aufhört und die einfache Differenzspekulation anfängt, kann niemand sagen. Und noch weniger kann man es natürlich dem einzelnen Termingeschäft ansehen, ob es das eine oder das andere ist*). –
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*) Ich kann aus Raummangel auf die mancherlei Nebenformen der spekulativen Geschäfte – die »Prämiengeschäfte«, »Stellage–« und »Nochgeschäfte« nicht eingehen. Sie alle knüpfen an ganz bestimmte, an sich reelle Geschäftszwecke an, wennschon sie unleugbar in besonders hohem Maße zu wildem Spiel mißbraucht werden.