Volkswirtschaftliche Bedeutung der Börse
Fragt man nun, welche volkswirtschaftliche Bedeutung dieser »Erweiterung des Marktes« zukommt, so ist das Interesse, welches zur Einführung des Terminhandels in einem Artikel an einer Börse führt, in erster Linie natürlich ein solches des Händlerstandes des betreffenden Platzes. Die Steigerung der Zahl der Umsätze steigert die Wahrscheinlichkeit, dort jederzeit große Posten Ware zu den dort laut Zeitungsbericht notierten Preisen absetzen und einkaufen zu können. Diese Preise werden die maßgebenden für die Berechnungen von Produzenten, Verkäufern und Händlern auch außerhalb des Platzes, und dies alles führt dazu, daß Warensendungen von auswärts vornehmlich den dort ansässigen Kaufleuten zur Verwertung angeboten werden und Kaufaufträge vornehmlich an sie gelangen. Dadurch werden dann wieder die Umsätze gesteigert. Damit werden in erster Linie die Verdienstchancen der Kaufleute des betreffenden Platzes gehoben. In zweiter Linie aber steigt dadurch auch die wirtschaftliche Bedeutung und Macht des ganzen Platzes andern und dem Ausland gegenüber. Der Kaufmann an dem Platz mit großem Markt kann außerordentlich viel leichter den festen Ankauf großer Warensendungen vom Auslande her unternehmen, da er, infolge der oben erörterten Möglichkeit sich gegen Preisschwankungen zu versichern, ein weit geringeres Risiko trägt. Und es bedeutet diese Steigerung der Machtstellung einheimischer Börsen im Verhältnis zu fremden, wie sie zweifellos durch den Terminhandel mit herbeigeführt wird, auch einen gewaltigen Machtzuwachs der finanziellen und damit der politischen Machtstellung des einheimischen Staatswesens. Es ist politisch nicht gleichgültig, ob die Berliner oder die Pariser Börse fremden geldbedürftigen Mächten, wie z.B. Italien und Rußland, die besseren Chancen für den Absatz ihrer Schuldverschreibungen bietet. Und es ist für die ökonomischen Interessen des Inlandes nicht gleichgültig, ob inländische oder ausländische Kaufleute die Märkte beherrschen und wo der Weltmarktverkehr eines für den einheimischen Verbrauch und die einheimische Produktion wichtigen Artikels sich konzentriert. – Zweifellos wird diese erhöhte Machtstellung des betreffenden Marktes durch mancherlei bedenkliche Nebenwirkungen erkauft. Zunächst die zweifellose Steigerung der Teilnahme Unberufener an der Spekulation, damit der Spielsucht des Publikums und der Gelegenheit, sie an der Börse zu befriedigen. Man darf freilich die Tragweite des Termingeschäftes nach dieser Richtung nicht überschätzen. Das Publikum spielt, wenn ihm nur ein Bankier dafür Kredit gibt, ebenso im Kassageschäft, z.B. durch Barankauf von Papieren in Erwartung einer Kurssteigerung, und gerade die widerwärtigsten Vorgänge dieser Art der letzten Jahre – z.B. die im Prozeß Polke erörterten – waren solche spekulativen Kassageschäfte. Spekulationen des Publikums in Form von Kassageschäften aber sind, der stärkeren Kursschwankungen wegen, für dasselbe ungleich gefährlicher als die Terminspekulationen. – Man muß sich eben hüten zu glauben, mit Beseitigung des Termingeschäfts beseitige man die Spekulation. Im Quantum würde sie unzweifelhaft, weil kostspieliger, etwas eingeschränkt, in der Qualität aber, wie auf das deutlichste die des Termingeschäftes in Effekten entbehrende Neuyorker Börse zeigt, außerordentlich viel unsolider, weil bei dem Mangel des breiten Marktes noch weit hazardartiger.