Federico Baroccio, Fiori Federico

Baroccio, Federico, auch Barocci, Barozzi geschrieben, oder Fiori Federico genannt, geb. zu Urbino 1528, war ursprünglich ein Schüler des Battista Franco, der in seiner Vaterstadt einige Malereien ausführte und ihm in seinem Unterricht Geschmack an den Werken der Venezianer, besonders des Tizian, beibrachte, nach welchem er später viel kopierte. Er bildete sich hierauf in Rom besonders nach den Werken Raphaels, den er in seinen ersten bedeutenderen Gemälden für die Hauptkirche seiner Vaterstadt, einem heil. Sebastian und einer heil. Cäcilie immitierte, und später, als er nach seiner Heimkehr mit den Malereien Correggio's bekannt wurde, nach diesem Meister weiter aus. Bei einem zweiten Aufenthalt in Rom zog er durch einige treffliche gemalte Bilder die Aufmerksamkeit des Papstes Pius IV. auf sich, der ihm im Jahr 1560 mit noch einigen ändern Künstlern die Malereien seines kleinen Palastes im Gehölz von Belvedere übertrug. Allein seine neidischen Kunstgenossen, die er in seinen Arbeiten alle übertraf, brachten ihm aus Eifersucht Gift bei, so dass er es für geratener hielt, Rom und seine begonnenen Werke zu verlassen, um in seiner Heimath seine schwer angegriffene Gesundheit wieder herzustellen. Nach seiner Wiedergenesung malte er als Dank gegen die göttliche Jungfrau für die Kirche S. Francesco seiner Vaterstadt: eine Madonna mit dem Kinde und Heiligen, und darauf für den Dom von Perugia: eine Kreuzabnahme, eines seiner (mehrmals wiederholten) Hauptwerke (gestochen von Sadeler), das in der wild bewegten Gruppe um die hinsinkende Madonna nicht ohne wirklich ergreifende Größe ist. Von nun an nahm Baroccio's Ruhm täglich zu und er wurde aufs Vielseitigste für die verschiedensten Kirchen Italiens beschäftigt. So malte er für die Kapelle einer Laienbrüderschaft in der Pieve zu Arezzo: eine Madonna als Fürbitterin (mit der Jahrszahl 1579), jetzt in der Galerie der Uffizien zu Florenz; ein sehr tüchtiges Bild für die Kirche. S. Maria della Vallicelia, die Darstellung im Tempel und den Besuch der Maria, und für S. Maria sopra Minerva zu Rom: die Einsetzung des heil. Abendmahls, ein Bild, für das er vom Papst mit einer goldenen Halskette beehrt wurde; für die Kirche zu Loretto: eine Verkündigung; für den Dom zu Genua: eine Kreuzigung ; für Pesara: die Berufung des heil. Andreas zum Apostelamt, nebst anderen Kirchenbildern für Ravenna, Macerata, Cortona u.s.w. Auch in öffentlichen Galerien findet man noch manche bemerkenswerte Bilder des äußerst tätigen Meisters, über dessen Fruchtbarkeit man um so mehr erstaunen muss, als seine Gesundheit ihm nur erlaubte, täglich zwei Stunden, eine Vormittags und eine Nachmittags zu arbeiten; so u.A.: Hagar, die ihren Sohn in der Wüste tränkt; die Himmelfahrt der Maria; eine Grablegung Christi; Maria mit dem Kinde, den h. h. Franziskus und Dominikus erscheinend; der h. Franziskus, die Wundmale empfangend; Magdalena betend am Grabe Christi in der Galerie zu Dresden; eine Geburt Christi im Museum zu Madrid; Christus der Magdalena im Garten erscheinend, und die h. Maria von Ägypten, das Abendmahl empfangend in der Pinakothek zu München; die auf Wolken thronende Maria mit S. Lucia und S. Antonius und eine heil. Margaretha, ein äußerst liebliches Bild, im Louvre zu Paris; Christus mit Magdalena, in der Galerie Corsini zu Rom; eine Flucht nach Ägypten in der Akademie zu Venedig u.s.w. — Baroccio radierte auch mit zierlicher Nadel ungemein fleißig in Kupfer. Man kennt indessen nur 4 Blätter von ihm: die Entzückung des heil. Franziskus; eine Verkündigung; die Stigmatisation des heil. Franziskus und eine sitzende Maria. Trotz seiner langjährigen Kränklichkeit brachte er sein Leben dennoch auf 84 Jahre. Er starb 1612.  

Baroccio entging dem Verderbnis des Manierismus, der unter den Nachfolgern der großen Meister der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts eingerissen, durch ein engeres Anschließen an die Vorbilder der letzteren und das Streben nach Wahrheit und Natur, indem er sich durch eifriges Studium Raphael's, unter besonderem Einfluss des Correggio und Parmigianino, eine Kunstweise ausbildete, die sich nicht gerade durch Tiefe des Inhalts und große Kraft, aber durch würdevollere Behandlung des Gegenstandes, durch die sanfte Zartheit und Milde der Intentionen, die höchst lebendige Darstellung der Affekte, den andächtigen Ausdruck, besonders aber durch den Schmelz des Kolorits und die Reize des Helldunkels, wodurch sich seine Bilder dem Auge so süß einschmeicheln, wie Musik dem Ohre, auszeichnet. Freilich konnte auch er sich der Geschmacksrichtung seiner Zeit nicht ganz entwinden; seine Auffassung wild hin und wieder geziert, sein Ausdruck süßlich, seine Grazie affektiert und seine Färbung, wenn auch noch so lieblich, oft unwahr, in den Fleischtönen zu rosig, in den Schatten zu blau. Mit Ausnahme einer Darstellung des Brands von Troja* und einigen Bildnissen kennt man von ihm nur religiöse Bilder; zu seinen Studien bediente er sich, wie die bedeutenderen Meister vor ihm, Correggio, Garofalo u. A., kleiner Modelle aus Wachs oder Ton, die er, nachdem er darin seine Gedanken ausgedrückt, aufs Gewissenhafteste kopierte.  

 

Literatur. Gio. Pietro Bellori, La vita del Barocci, — Lanzi, Gesch. der Malerei in Italien. — Museo fiorentino, woselbst auch sein Porträt im Stich.

 

* Abgebildet in den Denkmälern der Kunst. Atlas zu Kuglers Handb. der Kunstgesch. Taf. 88, Fig. 7


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