Disziplin der reinen Vernunft
Disziplin der reinen Vernunft. „Man nennt den Zwang, wodurch der beständige Hang, von gewissen Regeln abzuweichen, eingeschränkt und endlich vertilgt wird, die Disziplin.“ Nicht bloß das Temperament, das Talent usw. bedarf einer Disziplin, auch die Vernunft („der es eigentlich obliegt, allen anderen Bestrebungen ihre Disziplin vorzuschreiben“). Durch diese Disziplin muß die (spekulative) Vernunft vor dem leichtsinnigen Spiel mit Einbildungen statt Begriffen und mit Worten statt Sachen bewahrt werden. Nicht in ihrem „empirischen“, nur in ihrem versuchten „transzendentalen Gebrauche“ bedarf die Vernunft „einer Disziplin, die ihren Hang zur Erweiterung über die engen Grenzen möglicher Erfahrung bändige und sie von Ausschweifung und Irrtum abhalte“. Die ganze Kritik (s. d.) oder Philosophie der reinen Vernunft hat es bloß mit diesem negativen Nutzen zu tun. „Einzelnen Verirrungen kann durch Zensur, und den Ursachen derselben durch Kritik abgeholfen werden. Wo aber, wie in der reinen Vernunft, ein ganzes System von Täuschungen und Blendwerken angetroffen wird, die unter sich wohl verbunden und unter gemeinschaftlichen Prinzipien vereinigt sind, da scheint eine ganz eigene, und zwar negative Gesetzgebung erforderlich zu sein, welche unter dem Namen einer Disziplin aus der Natur der Vernunft und der Gegenstände ihres reinen Gebrauchs gleichsam ein System der Vorsicht und Selbstprüfung errichte, vor welchem kein falscher vernünftelnder Schein bestehen kann, sondern sich sofort, unerachtet aller Gründe seiner Beschönigung, verraten muß.“ Diese Disziplin geht (in der Methodenlehre) nicht auf den Inhalt, sondern auf die „Methode“ (s. d.) der Erkenntnis aus reiner Vernunft, KrV tr. Meth. 1. H. (I 597 f.— Rc 741 ff.).