Definition
Definition. „Definieren“ soll eigentlich nur soviel bedeuten, als „den ausführlichen Begriff eines Dinges innerhalb seiner Grenzen ursprünglich darstellen“. „Ausführlichkeit“ bedeutet die „Klarheit und Zulänglichkeit der Merkmale“; „Grenzen“ bedeutet die Präzision, daß nicht mehr Merkmale sind, als zum ausführlichen Begriffe gehören; „ursprünglich“ bedeutet, daß diese Grenzbestimmung nicht abgeleitet sei und also noch eines Beweises bedürfe. Hiernach können „empirische“ Begriffe nicht definiert, sondern nur „expliziert“ werden; denn es ist nie sicher, ob man unter dem Worte, das denselben Gegenstand bezeichnet, nicht einmal mehr, das andere Mal weniger Merkmale desselben denkt (z. B. im Begriffe des Goldes). Ferner können auch „a priori gegebene“ Begriffe (z. B. Substanz, Recht) nicht definiert, nur „exponiert“ werden; denn die „Ausführlichkeit“ der Zergliederung solcher Begriffe ist immer zweifelhaft und kann nur durch Beispiele „vermutlich“, nie „apodiktisch“ gewiß gemacht werden. Definierbar sind „willkürlich gedachte“ Begriffe, bei denen wir doch wissen müssen, was wir haben denken wollen; nur haben wir dadurch nicht einen wahren Gegenstand definiert; denn ein solcher ist durch den Begriff (z. B. einer „Schiffsuhr“) noch nicht gegeben, und die Erklärung eines solchen Begriffs heißt besser eine „Deklaration“ (unseres „Projekts“). Eigentlich definierbar sind nur die mathematischen Begriffe, die „eine willkürliche Synthesis enthalten, welche a priori konstruiert werden kann“. Denn den Gegenstand, den diese Begriffe denken, stellt die Mathematik auch a priori in der Anschauung dar und dieser Gegenstand kann nicht mehr enthalten als der Begriff, weil der Begriff von dem Gegenstande erst durch die Definition selbst gegeben wird (vgl. Mathematik). Philosophische „Definitionen“ sind hingegen nur „Expositionen“ gegebener Begriffe (durch Zergliederung derselben) und sollen nicht an der Spitze der Untersuchungen stehen. Mathematische Definitionen können niemals irren, aber es kann ihnen an Präzision fehlen. Die Philosophie hingegen „wimmelt von fehlerhaften Definitionen“; aber auch mangelhafte Definitionen, d. h. Annäherungen zu Definitionen, können „sehr nützlich gebraucht werden“. „In der Mathematik gehört die Definition ad esse, in der Philosophie ad melius esse. Es ist schön, aber oft sehr schwer, dazu zu gelangen. Noch suchen die Juristen eine Definition zu ihrem Begriffe vom Recht“, KrV tr. Meth. 1. H. 1. Abs. 1 u. Anm.n (I 610—Rc 755). — Die Realdefinition ist nicht jene, „welche nicht bloß dem Namen einer Sache andere und verständlichere Wörter unterlegt“, sondern jene, welche „ein klares Merkmal, daran der Gegenstand (definitum) jederzeit sicher erkannt werden kann und den erklärten Begriff zur Anwendung brauchbar macht, in sich enthält“. Sie ist also jene Erklärung, „welche nicht bloß einen Begriff, sondern zugleich die objektive Realität desselben deutlich macht“, KrV tr. Anal. 2. B. 3. H. 1. Anm. (I 275—Rc 337).
Eine Definition ist „ein zureichend deutlicher und abgemessener Begriff“. Sie ist allein als ein „logisch vollkommener Begriff“ anzusehen, denn sie vereinigt Deutlichkeit und Vollständigkeit sowie Präzision in der Deutlichkeit, Log. § 99 (IV 153). Alle Definitionen sind analytisch oder synthetisch, d. h. Definitionen eines „gegebenen“ oder eines „gemachten“ Begriffes, ibid. § 100 (IV 153). „Die gegebenen Begriffe einer analytischen Definition sind entweder a priori oder a posteriori gegeben; so wie die gemachten Begriffe einer synthetischen Definition entweder a priori oder a posteriori gemacht sind“, ibid. § 101 (IV 153). „Die Synthesis der gemachten Begriffe, aus welcher die synthetischen Definitionen entspringen, ist entweder die der Exposition (der Erscheinungen) oder die der Konstruktion. — Die letztere ist die Synthesis willkürlich gemachter, die erstere die Synthesis empirisch, d. h. .aus gegebenen Erscheinungen, als der Materie derselben, gemachter Begriffe.“ Willkürlich gemachte Begriffe sind die mathematischen, ibid. § 102 (IV 153 f.). „Da die Synthesis der empirischen Begriffe nicht willkürlich, sondern empirisch ist und als solche niemals vollständig sein kann (weil man in der Erfahrung immer noch mehr Merkmale des Begriffes entdecken kann), so können empirische Begriffe auch nicht definiert werden.“ „Synthetisch lassen sich also nur willkürliche Begriffe definieren“, ibid. § 103 (IV 154). Annäherungen zur Definition gewisser Begriffe sind die Erörterungen (expositiones) und Beschreibungen (descriptiones). „Das Exponieren eines Begriffes besteht in der aneinanderhängenden (sukzessiven) Vorstellung seiner Merkmale, so weit dieselben durch Analyse gefunden sind.“ Die Beschreibung ist „die Exposition eines Begriffes, sofern sie nicht präzis ist“. Exponieren läßt sich ein Begriff (analytisch) oder die Erfahrung (synthetisch). „Die Exposition findet also nur bei gegebenen Begriffen statt, die dadurch deutlich gemacht werden; sie unterscheidet sich dadurch von der Deklaration, die eine deutliche Vorstellung gemachter Begriffe ist“, ibid. § 105 (IV 155 f.). „Unter bloßen Namen-Erklärungen oder Nominal-Definitionen sind diejenigen zu verstehen, welche die Bedeutung enthalten, die man willkürlich einem gewissen Namen hat geben wollen, und die daher nur das logische Wesen ihres Gegenstandes bezeichnen oder bloß zur Unterscheidung desselben von anderen Objekten dienen. — Sach-Erklärungen oder Real-Definitionen hingegen sjnd solche, die zur Erkenntnis des Objektes, seinen inneren Bestimmungen nach, zureichen, indem sie die Möglichkeit des Gegenstandes aus inneren Merkmalen darlegen.“ „Erfahrungsgegenstände erlauben bloß Nominal-Erklärungen. — Logische Nominal-Definitionen gegebener Verstandesbegriffe sind von einem Attribut hergenommen, Real-Definitionen hingegen aus dem Wesen der Sache, dem ersten Grunde der Möglichkeit. Die letzteren enthalten also das, was jederzeit der Sache zukommt — das Realwesen derselben.“ Die Definition eines willkürlichen (z. B. mathematischen) Begriffes ist immer real. „Genetisch“ ist eine Definition, „wenn sie einen Begriff gibt, durch welchen der Gegenstand a priori in concreto kann dargestellt werden“ (alle mathematischen Definitionen), ibid. § 106 (IV 156 f.). Vgl. Mathematik, Philosophie, Metaphysik, Gewißheit, Kategorie.