Blauer Brief
Blauer Brief dient seit den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts als eingebürgertes Stichwort für offiziell ergangene Mahnungen zur Pensionierung; zunächst im Offiziersstand üblich, dann überhaupt in Beamtenkreisen, neuerdings auch in freiester Anwendung für mancherlei unangenehme Mitteilungen vorgesetzter Behörden. Der Ausdruck rührt her von der Farbe des Kuverts. Siehe Sanders, Ergb. S. 81. und Wolzogen, Die Entgleisten (1892) S. 58, wo ein ehemaliger Offizier erzählt: „Da mocht’ ich den blauen Brief nicht erst abwarten.“
In ganz anderem Sinne gebrauchte man früher die Bezeichnung. So berichten die Grenzb. 1848, 2. Sem. 4, 168 von den an dem Abgeordneten Waldeck verübten Mystifikationen, wodurch dessen voreilige Ministerhoffnungen so ausgiebig verspottet wurden. „Er hinterlässt den Dienstboten die Weisung, ihn sogleich zu rufen, wo er auch sei, wenn ein blauer Brief kommt (bekanntlich haben die Kabinettsschreiben ein blaues Kuvert); diese Äußerung muss bekannt geworden sein, und es laufen unmittelbar darauf eine Anzahl blauer Briefe ein“ usw. —