Blonde Bestie
Blonde Bestie, mit diesem originellen Schlagwort charakterisierte Nietzsche 7, 322 (1887) das elementare Raubtierbedürfnis der vornehmen Rassen, sich für den durch die soziale Gemeinschaft bedingten Zwang durch Grausamkeit gegen fremde Völker schadlos zu halten (vergl. Büchmann S. 327). Siehe Nietzsches Schrift „Zur Genealogie der Moral“, wo es heißt: „Aus dem Grunde aller dieser vornehmen Rassen ist das Raubtier, die prachtvolle nach Beute und Sieg lüstern schweifende blonde Bestie nicht zu verkennen; es bedarf für diesen verborgenen Grund von Zeit zu Zeit der Entladung, das Tier muß wieder heraus, muß wieder in die Wildniß zurück; römischer, arabischer, germanischer, japanischer Adel, homerische Helden, skandinavische Wikinger — in diesem Bedürfniß sind sie sich alle gleich. Die vornehmen Rassen sind es, welche den Begriff ‚Barbar‘ auf all den Spuren hinterlassen haben, wo sie gegangen sind.“
Ebenba S. 323 gedenkt er des Jahrhunderte langen Entsetzens, mit dem Europa „dem Wüten der blonden germanischen Bestie“ zugesehen habe. Diesen zoologischen Terminus erläutert er des weiteren 8, 103 (1888) wo er über die Zähmung der „Bestie Mensch“ spricht: „Im frühen Mittelalter, wo in der Tat die Kirche vor Allem eine Menagerie war, machte man allerwärts auf die schönsten Exemplare der ‚blonden Bestie‘ Jagd — man ‚verbesserte‘ zum Beispiel die vornehmen Germanen. Aber wie sah hinterdrein ein solcher ‚verbesserter‘, ins Kloster verführter Germane aus? Wie eine Karikatur des Menschen, wie eine Mißgeburt: er war zum ‚Sünder‘ geworden, er stak im Käfig.“
Herangezogen sei auch eine Bemerkung Jahns 2, 310: „Und Haller, … so das Volk eine ‚kollektive Bestie‘ nennt, möchte gern von oben bis unten überall rückwärtsen, Gottes Licht auslöschen, damit die geweihte Kerze pfäffischer Blendleuchte heller irrwische.“ Eine Bezeichnung, die selbst wieder aus das politische Geschöpf oder gesellige Tier des Aristoteles zurückweist (Büchmann S. 428).