4) Diät in den Kaltwasserheilanstalten
Die Diät in den Kaltwasserheilanstalten, so wie bei jeder anderen Wasser- und Schwitzkur, welche Kranke im eignen Hause vornehmen wollen, muss einfach und bequem sein. Fette Speisen, erhitzende Getränke, Spirituosa, Wein, Kaffee, Tee etc. werden vermieden. Bei eingewurzelten Übeln ist nach Umständen eine strenge Diät notwendig, d. h. der Kranke stillt den Hunger allein mit Semmelbrot, und den Durst mit frischem Wasser. Bei leichtern Übeln wird erlaubt eine nicht schwer verdauliche Hausmannskost: Rindsbrühe, Rind- und Hammelfleisch mit einfachen Sausen, Rinds-, Kalbs- und Hammelbraten, dem Quantum nach sehr reichlich, so lange der Appetit da ist, dem Quale nach (in Gräfenberg) selten delikat; hinterher geschmorte Pflaumen oder Waldbeeren.
Ein wichtiges Ding in den Wasserheilansten der neuesten Zeit ist noch der sogenannte Neptunsgürtel, d. i. der erwärmende Umschlag mittels eines Tuches, angefeuchtet und stark ausgewunden durch kaltes Wasser. Er wird gebraucht bei jedem örtlichen Körperleiden, selbst bei Verdauungsschwäche und habitueller Leibesverstopfung (um die Brust oder den Unterleib geschlagen) und recht fest ein Verband, eine Binde, Weste u. s. w. trocken darüber gelegt, so dass gar keine Luft zwischen Haut, Umschlag und Kleidung dringen kann. Dieser Gürtel wird, so oft er trocken geworden, frisch wieder angefeuchtet. Erkältung ist hier weit weniger, als bei heißen Umschlägen zu befürchten.
Personen, welche an Unterleibsstockungen und Menstruationsfehlern leiden, müssen entweder einmal vor dem Schlafengehen, oder zweimal Nachmittags zwei Stunden nach dem Essen und Abends, kalte Sitzbäder nehmen. Man setzt sich nämlich in eine runde, einem großen Eimer ähnliche Wanne, von 20 Zoll Durchmesser und 11 Zoll hoch (ohne die Füße), auf die vorn etwas ausgeschnittene Seite, die mit etwa drei, höchstens vier Zoll hoch kaltem Wasser gefüllt wird (mehr Wasser bei magerem Körper, weniger bei einem Embonpoint) und bleibt darin, indem man zugleich mit den Händen Brust und Unterleib fleißig streicht und knetet, bis etwa nach einer Stunde das Wasser durchs Annehmen der Temperaturwärme des Körpers allmählich lauwarm wird. — Diese Art täglicher Wärmeableitungen verdient ebenfalls die Aufmerksamkeit der Ärzte und Naturforscher; denn sie kann auf Doppelwege manche Kur unterstützen. Sie muss unsers Erachtens gegen Blähungen, gegen Krämpfe des Unterleibes u. m. dgl. durch die veranlasste Vermehrung der peristaltischen Bewegung sich eben so wirksam zeigen, als in anderen Fällen wiederum, bei dem polarischen Gegensatz, den sie unterhält, Kongestionen vom Kopf nach dem Unterleibe und dem Gesäß hinleiten und so nach und nach die Temperaturen des Kopfes und des Stammes auszugleichen vermögen.
Gegen chronische Leibesverstopfung sind Klistiere von anfangs lauem, später allmählich kaltem Wasser von großer Wirkung. Kalte Fußbäder sind, Abends kurz vor dem Schlafengehen und so genommen, dass das Wasser nur über die Knöchel reicht und nur sehr kurze Zeit darin verweilt wird, gegen Kopfkongestionen, solche Augenleiden und gegen unterdrückte Menses in den Kaltwasserheilanstalten viel mit Nutzen gebraucht worden.