Daktylus. (Dichtkunst) Ein dreisilbiger Fuß, dessen erste Silbe lang, die anderen beiden kurz sind, wie in den Wörtern: mächtige, sterbliche. Dieser Fuß kommt in der deutschen Sprache, sowohl in der ungebundenen als gebundenen Rede, sehr häufig vor; aber zu einer ganzen Versart, in der kein andrer als dieser Fuß vorkäme, nach Art des jambischen oder trochäischen Verses, schickt er sich nicht, weil der Vers durch seinen klappernden Gang gar bald ekelhaft wird. Einzelne ganz daktylische, nämlich aus fünf Daktylen und einem Spondäus bestehende Hexameter, trift man sowohl bei den lateinischen als auch deutschen Dichtern an. Jedermann kennt den Virgilischen Vers:
Quadrupedante putrem sonitu quatit ungula campum.1
Aber ein ganzes Gedicht in dieser Versart würde nicht erträglich sein. Zum Affekt einer strömenden Freude schickt sie sich sehr wohl und kann sogar, wenn man nur mit einem anderen Vers abwechselt, zur lyrischen Versart dienen, wie in dieser Strophe:
Bist du die Freude? du bist es! dich meldet ein lächelnder Morgen;
Die Fittige tauen unsterblichen Glanz.
Ströme von Wollust ergießen sich nach mir, schon sterben die Sorgen.
Sie haucht mich an, ich fühle mich ganz.2
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1 Än. VIII. vs. 596.
2 S. Schlegel Vermischte Schriften der Verfasser der neue Beiträge, 1. B. 6. St. S. 449.