Übermäßig. (Musik) So werden mit Ausnahm der Terz alle diejenigen Intervalle genannt, welche um einen halben Ton höher genommen werden als sie in der Tonleiter des Tones darin man spielt, liegen: als , die übermäßige Prime, - Sekunde, - Quarte, - Quinte, und die in neueren Zeiten angenommene übermäßige Sexte. Alle dissonieren gegen den Hauptton. Die übermäßige Terz und übermäßige Septime sind von keinem strengen Tonlehrer für brauchbar angenommen worden und daher gibt es auch weder eine durch die Umkehrung der übermäßigen Terz, verminderte Sexte, noch eine durch die Umkehrung der vermeinten übermäßigen verminderte Sekunde Da die übermäßige , und außer der natürlichen Tonleiter liegen und daher widrige Verhältnisse hervorbringen, so sind sie aus diesem Grunde im Singen sehr schwer zu treffen und dieserwegen zu setzen verboten; es sei denn, dass man sie als Leittöne in andere Töne der Tonleiter betrachte. In diesem Falle wird das Verbot nicht so strenge genommen, daher kann man von C durch dis nach e, durch fis nach g und von gis nach a gehen.
Aber von C durch nach h kann man schwerlich gehen, und man wird nicht leicht von guten Meistern in der Melodie Beispiele davon antreffen. Man kann auch von C dur gewöhnlicher Weise nicht nach H mol modulieren. Doch kann vor H vorkommen, wenn dieses H die Dominante von E mol ist.
Dergleichen ehedem verbotene Fortschreitungen, z.B. bei der übermäßigen Sekunde von C durch nach e, lassen sich dadurch entschuldigen, dass man sie so betrachtet als wenn man einen Tausch mit einer anderen Stimme übernähme. z.B. Wenn man sich der übermäßigen Fortschreitungen enthält, und sie nur auf gewisse besondere Fälle spahrt, so kann man außerordentliche Wirkung damit hervorbringen. Im Rezitativstyl kommen sie aber häufiger vor, besonders die übermäßige Quarte.
Die ordentliche große Septime ist eben so, wie die übermäßigen Intervalle, im strengen Styl melodisch zu setzen, verboten; ehedem betraf das Verbot auch die große Sexte, die doch gegenwärtig in der Melodie unentbehrlich ist. Man findet alte Lehrbücher, wo unsere große Septime die übermäßige genannt wird.
Weder die übermäßige Quinte, noch die übermäßige Sexte, kommen melodisch im Absteigen vor; wohl aber im Basse zuweilen die zumal wenn der Bass nicht gesungen, sondern von Instrumentisten gespielt wird. z.B. Weil jedes übermäßige Intervall als ein Leitton anzusehen ist, so folgt, dass man nach demselben im Aufsteigen einen halben Ton über sich treten müsse, und im Absteigen einen halben Ton unter sich. Z.B. Der letzte Fall bei + hat nur im Rezitativ statt und ist also zu verstehen.