Umkehrung

 Umkehrung. (Musik) Dieses Wort hat in der Musik verschiedene Bedeutungen. 1. Das, was wir an verschiedenen Stellen dieses Werks die Verwechslung eines Akkords genannt haben, wird auch Umkehrung desselben genannt. Davon sprechen wir in einem besonderen Artikel.1 2. Durch die Umkehrung eines Intervalls versteht man die Versetzung eines der beiden Töne um eine Oktave höher oder tiefer, wodurch die Natur des Intervalls verändert wird. Durch diese Umkehrung wird die Oktave zum Unisonus, die Terz zur Sexte, die Quinte zur Quarte und die Septime zur Sekunde u.s.w. wie aus dieser Vorstellung zu sehen ist. Hierauf gründen sich die Regeln von der Veränderung der Intervalle, die durch den doppelten Kontrapunkt entstehen.2

 3. Bisweilen werden ganze melodische Sätze so umgekehrt, dass von zwei Stimmen die obere zur untern und die untere zur oberen wird. Dieses sind die Umkehrungen der melodischen Sätze durch den doppelten Kontrapunkt, davon von zwei Stimmen eine um eine Oktave, Decime, Duodecime u.s.w. höher oder tiefer gesetzt und also gegen die andere umgekehrt wird, wie an den in dem Artikel Nachahmung gegebenen Beispiel3 zu sehen ist, wo die untere Diskantstimme des ersten Satzes (a) bei b durch die Umkehrung oder Versetzung der ganzen Stimme in die Oktave, zur oberen wird: bei c ist die untere Stimme des ersten Satzes um eine Terz erhöhet und bei d durch Heraufsetzung um eine Oktave wieder zur oberen Stimme gemacht. In diesen Umkehrungen der Stimmen besteht die ganze Kunst des doppelten Kontrapunkts.

 4. Einzelne kleine melodische Gänge werden auch so umgekehrt, dass eben die Töne, die in dem einen Satz auf- oder absteigend auf einander folgen, im anderen in umgekehrter Bewegung folgen, wie in diesem Beispiele: Durch dergleichen Umkehrungen wird vornemlich in kontrapunktischen Stücken, wo oft nur ein einziger kurzer Satz ausgeführt oder zu jeder Note des Choralgesanges angebracht wird, Mannigfaltigkeit in der Melodie gebracht, die sonst sehr arm und mager klingt. Sie müssen aber von der Art sein, dass der Gesang dadurch nicht unförmlich werde.

 In Singstücken sind dergleichen Umkehrungen, fürnämlich über die nämlichen Worte, allezeit von schlechtem Erfolg, weil sie eine falsche Decklamation der Worte verursachen. Der berühmte Buononcini hat ein Singstück über die Worte: Wer sich selbst erhöhet, soll erniedriget und wer sich selbst erniedriget, soll erhöhet werden, gemacht, wo diese Art der Umkehrung des Thema sehr glücklich angebracht ist.

 Man findet ganze Stücke von großen Kontrapunktisten, die auf diese letzt angezeigte Art umgekehrt werden können. Diese werden nach den Regeln des doppelt- verkehrten Kontrapunkts gemacht, die in Marpurgs Abhandlung von der Fuge angezeigt stehen.

 

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1 S. Verwechslung.

2 S. Kontrapunkt.

3 S. 800 .

 


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