Ideal-Realismus

Ideal-Realismus (»Real-Idealismus«) heißt 1) die Ansicht, daß das Ideale (s. d.) zugleich das Reale ist, oder 2) daß das Ideale auf einem Realen beruht, in einem solchen begründet ist, so wie das Reale sich im Idealen kundgibt, oder 3) daß aus dem Idealen, dem Erkenntnisinhalte, das Reale, das Objektive, gewonnen, erschlossen, konstruiert wird.

Ad 1): J. G. FICHTE bezeichnet seine Lehre als »Real-Idealismus« oder »Ideal-Realismus« (Gr. d. g. Wiss. S. 269). »Alles ist seiner Idealität nach abhängig vom Ich, in Ansehung der Realität aber ist das Ich selbst abhängig; aber es ist nichts real für das Ich, ohne auch ideal zu sein« (l.c. S. 268). »Keine Idealität, keine Realität, und umgekehrt« (l.c. S. 270). SCHELLING erklärt: »Das absolut Ideale ist das absolut Reale« (Naturphilos. S. 67). »Reflektiere ich bloß auf die ideelle Tätigkeit, so entsteht mir Idealismus oder die Behauptung, daß die Schranke bloß durch das Ich gesetzt ist. Reflektiere ich bloß auf die reelle Tätigkeit, so entsteht mir Realismus oder die Behauptung, daß die Schranke unabhängig vom Ich ist. Reflektiere ich auf beide zugleich, so entsteht mir ein drittes aus beiden, was man Ideal-Realismus nennen kann« (Syst. d. tr. Ideal. S. 79).

Ad 2): SCHLEIERMACHER, RITTER, BENEKE, TRENDELENBURG, dann HERBART (s. Realismus), LOTZE, ULRICI (»Der Realismus Träger und Organ des Idealismus, wie der Leib Träger und Organ der Seele«, Leib u. Seele, Vorr. S. VIII), H. STRUVE, E. V. HARTMANN, CARRIERE (»Die objektive Realität ist Boden, Träger, Organ des Idealen«, Ästhet. I, 40), ÜBERWEG (Üb. Ideal., Real. u. Ideal-Real., Zeitschr. f. Philos. u. philos. Krit. Bd. 34, 1859) u. a.

Ad 2) u. 3): WUNDT betont, es sei die Überzeugung ein Resultat des Denkens, »daß die idealen Prinzipien in der objektiven Realität sich wiederfinden«. Die Denkfunktionen sind die Hülfsmittel, mit denen wir die realen Beziehungen der Objekte auffinden, wobei die Dinge selbst den Stoff dazu liefern. Der Ideal-Realismus hat nicht »aus idealen Prinzipien die Realität spekulativ abzuleiten, sondern, gestützt auf die berichtigten Begriffe der Wissenschaft, das Verhältnis der idealen Prinzipien zu der objektiven Realität nachzuweisen« (Log. I2, 86 f., 90 ff., 6 f.; Grdz. d. physiol. Psychol. II4, S. 479 f.). Vgl. Realismus.


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